WR1384 Zeitenwende

Drei Tage nachdem im Februar 2022 Russland seinen Überfall auf die Ukraine ausgeweitet hatte, hat Bundeskanzler Olaf Scholz seine “Zeitenwende”-Rede gehalten. Da kann man doch mal drüber reden, dachte ich – und habe Tobias Bunde getroffen. Der forscht am Centre for International Security der Hertie School und leitet die Abteilung Research & Policy der Münchner Sicherheitskonferenz und sagt, wir seien gerade erst an der Spitze eines Eisbergs und fingen gerade an, uns in einer neuen Welt zurechtzufinden.

Darin: Fukuyamas Ende der Geschichte – Jugoslawien-Kriege – Zeitenwende for the G7

6 Gedanken zu „WR1384 Zeitenwende

    1. stan

      Ein hervorragender Podcast, danke sehr. Ich arbeite auch in dem Bereich wie Herr Bunde und finde, er hat die Herausforderungen auf den Punkt gebracht. Jetzt noch einen Podcast mit einer Person der polit. Praxis, vielleicht aus dem Bereich der Verteidigungspolitik um auch deren Grenzen, Handlungsspielräume und Probleme noch besser zu verstehen… das hilft auch enorm sich vom Denkbild “derer da oben” zu lösen.

  1. paceros

    Spannend an der ganzen Diskussion finde ich, dass die aktuellen Probleme nach meiner Ansicht nicht angemessen vor dem Hintergrund des stattfindenen Klimawandels diskutiert werden.
    Dieser wird das zusammenleben aller Menschen in (sehr) wenigen Jahrzehnten so grundlegend verändern, dass wir alles was wir jetzt wissen und tun verändern werden müssen.

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  2. nichtig

    Eigentlich könnte man ja auch meinen, dass die Bundeswehr sogar den Umfang zweier Armeen haben könnte, nach der Wende. Leider kenne ich mich da nicht so aus, was mit der NVA im Detail passiert ist. Die wurde ja nicht komplett abgewickelt, aber auch nicht komplett in die Bundeswehr eingegliedert. Vielleicht mal etwas für den Politik- oder Geschichtsunterricht?

    Gute Folge übrigens und angenehmer Gesprächspartner.

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  3. David

    Ich will nochmal einen pazifistischen Gedanken einbringen – aber nicht so, wie er aktuell von ein paar berühmten Deutschen vorgetragen wird, daß die Ukraine ja lieber aufgeben soll… Das ist grundfalsch und spätestens nach Bekanntwerden von Gräueltaten wie Butscha oder Verschleppungen einfach nur zynisch. Dann gibt es mit Waffenstillstand keinen Krieg mehr, sondern nur noch Leid. Sowas auszusprechen ist einfach nur bescheuert.

    Aber auf lange Sicht würde ich doch lieber pazifistisch bleiben wollen. Russland fährt doch gerade nur noch Schrott auf und verheizt die Leute. Jetzt explodieren der Reihe nach russische Munitionsdepots, weil die Ukraine nun mit Waffen mit Reichweite “herankommt”.
    Es verlassen junge gebildete Russen in Heerscharen das Land. Und die Sanktionen werden schon noch vor Ort auch genug Sand ins Getriebe machen, heute gelesen daß sie nicht mal mehr weißgebleichtes Papier haben [1]. Auf längere Sicht ist doch damit kein Land zu machen, vielleicht sind wir schon näher an dem Punkt als wir denken.

    Wollen wir dann in Zukunft eine aufgerüstete NATO sein, die dann wirklich als Bedrohung empfunden wird, was jetzt immer nur eine alberne Ablenkungsaussage ist. Aber wenn wir langfristig 2 oder jetzt 3% oder noch mehr in Rüstung investieren wollen, wo führt das hin?
    Albanien hat jahrzehntelang Bunker gebaut und sich vor allen gefürchtet, soll das eine Perspektive für Russland sein?
    Mit Putin bzw der jetzt vorherrschenden Denke ist kein Blumentopf zu gewinnen, keine Frage. Aber was könnte langfristig eine Perspektive für ein Russland sein, woraufhin vielleicht eine Nachfolgeregierung hinentwickeln könnte. Analog zu “Hier diese 42 Bedingungen müssen für einen EU-Beitritt erfüllt werden.” Vielleicht sollte man so eine Liste formulieren, wie Russland wieder aus dem Schlamassel herauskommt. Abrüstung (ja, auch gegenseitige, insbesondere atomar) als obersten Punkt. Weiter Wirtschaftssanktionen oder doch wieder Teilhabe an einem Markt, wenn Reparationen (in Rohstofflieferungen vielleicht?) bezahlt werden. So in der Art. Das wird natürlich ein dickes Brett, und ein Affront gegen die jetzige Regierung. Aber vielleicht wäre so eine öffentliche Aussage besser, das sogar dann einfach den Buhmann “der Westen ist jetzt schuld und böse, er sanktioniert daß sogar DU Hunger leiden musst” in der dortigen Propaganda-Maschine einfach nicht verfängt.
    Der ausgestreckte Arm darf nur nicht von der jetzigen Regierung benutzt und als Schwäche gedeutet werden, sondern einfach ganz undiplomatisch gesagt werden, daß wir mit “euch” (Putin) nicht mehr verhandeln, ihr (Russland) könnt gern einen neuen Verhandlungsvertreter schicken.

    Das Problem der Aufrüstung oder nicht spart aber das Problem China sehr wohl aus, das ist mir vollkommen klar. Da müßte auch der Ton verändert werden. Immer wenn eine Regierungsreise nach China ging, wurde hier ja betont, daß die Menschenrechte angesprochen wurden. Wie lachhaft immer. Auch hier sollte lauter gesprochen werden, aber eben auch nicht militärisch.

    [1] https://www.br.de/nachrichten/kultur/schlecht-fuer-die-augen-russland-in-dramatischer-papierkrise,TBUzjZ3

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  4. Reto Diciotto Isolabella

    Ein gescheites Gespräch mit einem gescheiten Menschen, dem Tobias Bunde, finde ich. Holgi stellt viele Fragen, die sich Menschen (die nicht Expertinnen und Experten sind) auch stellen. Das Nachhaken bezüglich dem Eisberg (was alles noch kommen kann) lohnt sich. Einige Politikerinnen und Diplomaten sehen die Geschehnisse aus professionellem Interesse womöglich zu positiv und hoffen einfach, die Krise sei bald vorbei und Russland wieder Partner. Ich würde mir ein ähnliches Gespräch mit einem schweizerischen und einem österreichischen Pendant von Tobias Bunde wünschen. Dankeschön!

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