WR1115 Atombomben auf Japan

 

Kurz nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki endet der zweite Weltkrieg auch in Asien. Matthias von Hellfeld erzählt.

Die passende Ausgabe “Eine Stunde History” läuft am 10. August 2020 auf DLFnova.

12 Gedanken zu „WR1115 Atombomben auf Japan

  1. Bruno

    Ein angenehm unaufgeregter Beitrag über ein sehr trauriges Kapitel unserer Geschichte. Ich teile eure Einschätzung, so bitter sie auch ist, die Bombe und das Wissen über ihre Wirkung – was in in Japan gesehen haben – hat uns in der Folge vor weiteren Einsätzen gerettet.

    Ob die ‘Reine Beobachtung’ der Kriegsfolgen, hier der Wirkung der Bomben, jetzt besonders zynisch war kann ich nicht beurteilen. Neben den beiden Städten Hiroschima und Nagasaki lag ja auch (fast) jede andere Stadt in Trümmern und in (fast) jeder Stadt gab es Opfer von Spreng und Brandbomben.
    “Die Menschenverluste des Luftangriffs auf Tokio vom 9./10. März 1945 überstiegen sogar die der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki fünf Monate später.” [0]

    Mir ist aber etwas anderes Aufgefallen. Bei der Entdeckung der Kernspaltung fällt bei euch nicht einmal der Name Lise Meitner oder Enrico Fermi. Auch in der ersten populären Wissensquelle, der Wikipedia unterscheiden sich die Englische und die Deutsche Wikipedia doch deutlich bei der Einordnung ihrer Beteiligung:

    “Nuclear fission was discovered in December 1938 by physicists Lise Meitner and Otto Robert Frisch, and chemists Otto Hahn and Fritz Strassmann at the Kaiser Wilhelm Institute for Chemistry in Berlin.”[1] vs. “In interdisziplinärer Zusammenarbeit wurde dieses unerwartete Ergebnis im Januar 1939 durch Lise Meitner und Otto Frisch erstmals theoretisch und kernphysikalisch gedeutet.”[2].

    Das Geschichte der Entdeckung der Kernspaltung habt ihr nur einleitend behandelt, die Namen Leitner und Fermi hätten da aber fallen sollen.

    Ansonsten braucht Matthias mehr Notizen um sich zu orientieren, der Dr. sagte A, meinte B, richtig war C und es ist ihm nicht immer aufgefallen 😉

    [0] https://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriffe_auf_Tokio#cite_note-154
    [1] https://en.wikipedia.org/wiki/Discovery_of_nuclear_fission
    [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Entdeckung_der_Kernspaltung

    Antworten
  2. Ben

    Es wäre schön gewesen bei der Entdeckung der Kernspaltung nicht nur Hahn und strassmann zu erwähnen, sondern auch lise meitner.
    Falls sich jemand für das Thema der Entwicklung der Atombombe interessiert kann ich nur Richard Rhodes Buch “die Atombombe, oder die Geschichte des 8. Schöpfungstages” empfehlen.

    Antworten
  3. Marcus Aurelius

    Holger ich gehe stark davon aus du bist ein mündiger Bürger und sicher nicht auf den gefallen.

    Die Karten neu mischen impliziert die Beseitigung aller bisherigen Strukturen bzw. Deren Zusammenbruch. Ehemalige Kolonialmächte kommen womöglich am neuen Tisch mit frischen Karten und adäquaten Kompetenzen denkbar schlecht weg. Das ist auch der Grund warum wir an dem perfiden und perversen System bis dato festhalten müssen.

    Bis dahin werden soziale Spannungen billigend in Kauf genommen, alles andere wäre ein Desaster mit langfristigen Folgen für Europa und die westliche Welt.

    Guten Morgen.

    Antworten
  4. hilti

    Dass mit Hiroshima und Nagasaki noch nicht zerstörte Städte ausgewählt wurden ist ja eigentlich logisch und nicht perfide oder zynisch. Warum was bombardieren was schon (zumindest teilweise) zerstört ist? Und es war schon nicht mehr viel über wie https://www.b-29s-over-korea.com/Japanese_Kamikaze/images/Japan-map.jpg zeigt.

    Ja, die Japaner waren der Feind, aber der Krieg war vorbei. Und die Amis haben jede Menge Resourcen aufgewendet um eine Hungerkatastrophe in Japan zu verhindern, auch wenns ihnen nicht gefallen hat und Douglas MacArthur wohl tatsächlich der Kragen platzen musste damit endlich was kommt. Quelle:
    https://usaerklaert.wordpress.com/2010/06/01/der-krieg-gegen-japan-teil-8-die-ursprunglichen-alliierten-plane/

    Zu den Opferzahlen muss man wissen, dass die Japaner jeden, der damals in der Stadt war und den Abwurf überlebt damals hat zu den Opfern zählt wenn er stirbt. Egal woran diejenigen sterben. Einerseits natürlich sinnvoll, weil es unwürdig wäre beispielsweise Lungenkrebs zu entscheiden obs von den Zigaretten oder der Atombombe kommt. Andrerseits nicht wirklich sinnvoll, weil eben jeder unabhängig von der Todesursache aufgenommen wird. Quelle: https://usaerklaert.wordpress.com/2008/08/12/der-krieg-gegen-japan-teil-3-die-totenzahlen-der-atombomben/

    Dan Carlin hat sich dem Thema in einen Podcast etwas anders genähert. In den 2,5 Stunden redet er nicht direkt über den Atombombenabwurf sondern darüber wie der Schrecken des Grabenkriegs im 1. Weltkrieg und der Wille das auf keinen Fall wiederholen zu wollen zu Angriffen auf die Zivilbevölkerung geführt hat um deren Kriegswillen zu brechen. Und damit über erste Bombardements wie sie auch die Nazis auf Rotterdam oder Coventry durchführten über die Flächenbombardements der Alliierten hin zum Einsatz der Atombombe. Leider nicht mehr frei sondern kostet $2.
    Hardcore History 42 – (BLITZ) Logical Insanity
    https://www.dancarlin.com/product/hardcore-history-42-blitz-logical-insanity/

    Antworten
  5. Tarifkenner

    Ich habe bei der ethischen Diskussion um Atomwaffeneinsätze immer ein Problem, das auszusprechen auch schon den Zynismusvorwurf herausfordern könnte. Ich möchte betonen, dass alle Fragen als offene echte Fragen gemeint sind.
    Was ist eigentlich genau der Grund, weshalb die nukleare Bombardierung einer Stadt ethisch verwerflicher oder zumindest ethisch problematischer ist als eine konventionelle Bombardierung. An der höheren Opferzahl? Das gilt nur wenn man die Opferzahlen pro Bombe betrachtet. Die konventionelle Bombardierung von Tokio allein in der Nacht vom 9. auf den 10. März kostete mehr Menschen das Leben als die Atombombe von Hieroshima. Ändert es etwas an der Bewertung, dass für die konventionelle Bombardierung mehr US-amerikanischen Piloten benötigt wurden, also die US-Amerika ein höheres Risiko eigener Verluste eingingen? Diese Denkweise liegt – glaube ich – der Verurteilung des Drohnenkriegs zugrunde.
    Oder liegt es daran, dass noch lange nach dem Bombenabwurf- und damit auch nach Kriegsende – Menschen an den Spätfolgen sterben. Das wäre ein nachvollziehbarer.
    Oder ist es schlicht so, dass das Töten insbesondere von Zivilisten im Krieg das Skandalöse ist und es einem bei einer Weiterentwicklung der Waffentechnik einfach nur besonders auffällt?

    Antworten
    1. njorg

      Hmmm… 3 Aspekte fallen mir dazu ein.

      1) Wie du schon sagst: die Spätfolgen sind wirklich verheerend. Sowohl mittelfristig, wenn große Teile der Überlebenden dann doch noch dahinsiechen und zusätzlich Ressourcen, Kräfte und seelische Belastung einfordern, die man unter “normalen” Umständen schon wieder für einen Wiederaufbau aufwenden könnte. Noch dazu die nukleare Verseuchung der Umgebung, die einen Wiederaufbau erheblich erschwert. Und langfristig dann natürlich die gesundheitlichen Spätfolgen und Erbbelastungen gekoppelt mit der Schwierigkeit ein solches Ereignis gesellschaftlich aufzuarbeiten und auf politischer Ebene den Opfern von Spätfolgen genug Hilfe zu gewährleisten. Wenn ich mich richtig erinnere, hatten und haben viele Opfer mit Diskriminierung/Stigmatisierung zu kämpfen.

      2) Der psychologische Effekt der einen großen Bombe ist nicht zu unterschätzen, glaube ich. Bei einem “normalen” Bombardement gibt es irgendwie immer noch die Hoffnung des Einzelnen, in einen Luftschutzbunker zu entwischen, der standhält oder einfach Glück zu haben, dass man von keiner Bombe erwischt wird. Bei der Atombombe ist in einem gewissen Radius einfach alles zerstört und tot. Es ist schon krass, wenn man sich die Bilder ansieht, und da teilweise nicht mal mehr Schuttreste zu sehen sind, sondern einfach nur verbrannte Erde.

      3) Und dann ist da der ethische Abgrund, dass das Ganze auch ein “Test” war. Die hunderttausenden Menschenleben waren schlichtweg Versuchsobjekte. Diese Gedankenlosigkeit beim Töten und Vernichten lässt mich zumindest besonders erschaudern. Bei einem “normalen” Bombenangriff ist eine Opferzahl ja kalkulierbar. Eine Abwägung hat also stattgefunden – mal ganz unabhängig davon wie man diese Abwägung dann bewertet. Aber einfach so eine Waffe auszuprobieren, weil man sie halt hat, ohne sich genau darüber im Klaren zu sein, was dann passiert, erfordert in meinen Augen eine kaum zu überbietende Entmenschlichung der Opfer.

    2. Norbert

      Zu den Auswirkungen “normaler” Bombenangriffe auf japanische Städte und auf die Zivilbevölkerung gibt’s einen beeindruckenden Film von Studio Ghibli: “Die letzten Glühwürmchen”. Sollte man sich mal ansehen.
      Was an Hiroshima (und Nagasaki) beeindruckend ist, sind nicht die Statistiken, oder die wirtschaftlichen Auswikrungen. Es sind die Berichte über die Leiden der Überlebenden – die in der Art nicht so massiv bei konventionellsn Bombenangriffen auftreten, oder aus irgend einem Grund nicht so intensiv erzählt werden. Die Geschichten von Sadako Sasaki und ihren 1000 Kranichen, oder dem Schatten an der Wand sind da noch relativ harmlos. Was betroffen macht sind die Berichte über Opfer, die den Angriff selbst überlebt, aber aufgrund der erlittenen Verletzungen das Ende des Tages oder der Woche nicht erlebt haben dürften – nicht leise dahindämmernd, sondern bei vollem Bewußtsein und vor Schmerzen schreiend.

    3. Tarifkenner

      @njorg
      Dankeschön.
      ad 2: Der Aspekt, dass in einem bestimmten Umfeld einfach alles zerstört wird und die Menschen buchstäblich keine Chance haben, ist bei einer konventionellen Bombardierung aucher auch gegeben, wenn es (wie zB in Tokio) zu einem Feuersturm kommt.

  6. Nelson

    Ich habe eine großes Problem damit, dass die USA sich auch schon damals als Vorzeigedemokratie aufführen und auch deshalb an sie höhere Maßstäbe angelegt werden sollten. Ihr habt gesagt, dass die Nazis die Bombe auch eingesetzt hätten. Tja da ist er der Nazivergleich 🙂 Sorry, aber das heißt doch dann nicht, dass die Nation, welche das “Böse” bekämpfen will, genauso kaltblütig vorgeht.

    Der Atombombenabwurf ist auch aus der Zeit betrachtet unmenschlich. Biowaffen hat ja auch keiner eingesetzt. Auschwitz relativiert ihr ja auch nicht dahingehend, dass es damals eben so war.

    Übrigens sind im 2. Weltkrieg so gut wie keine amerikanischen Zivilisten getötet wurden. Pearl Harbor war auch ein Militärstützpunkt.

    Zudem soll Japan eher wegen der russischen Kriegserklärung kapituliert haben.

    Antworten
  7. Yggdrasil

    Ich bin doch etwas entsetzt über diese Folge, da ich den Tonfall des Gesprächs dem Thema nicht angemessen empfand und Holgers unkritische Haltung zu den Abwürfen nicht teile.

    1. Zur Relativierung der politischen Verantwortung zum Abwurf der Atombomben (Fehler in der Kommunikation führt zum Abwurf):
    Bei der zweiten Bombe wird Truman ja wohl den Befehl gegeben haben, oder war das wieder ein Versehen?

    2. (O-Ton, Holger) „Es war wahrscheinlich, dass die Japaner den Amerikanern ne Atombombe auf den Kopf werfen“

    Wir wissen doch wie groß der Aufwand war, den die Amerikaner betreiben mussten, um die Bomben zu entwickeln?! Es ist also mitnichten so, dass da einfach die Waffe fertiggestellt werden kann, wenn man die Forschung beginnt.
    Die Aussage suggeriert außerdem, die Amis hätten zur Atomwaffe gegriffen, um den Japanern zuvor zu kommen. Wie erwähnt wurde hatten sie hatten aber ganz andere Gründe, Test der Bombe, Minimierung amerikanischer Tote und Signal an die Sowjetunion.

    3. Zu Holgers Kommentar zur Untersuchung der Strahlenopfer(„Das war der Feind“):
    Die Kriege vorm zweiten Weltkrieg waren schon grausam genug um diese Fragen zu diskutieren und Mechanismen zum Schutz von besiegten Soldaten und Zivilisten zu schaffen. So führte eine Seeschlacht im Russisch-Japanischen-Krieg 1907 zur Überarbeitung der Haager Konvention. Die Geschichte des Roten Kreuzes ist noch 40 Jahre älter. Wenn man den Gegner also nicht entmenschlicht, waren schon Mindeststandards schon sehr lange definiert.

    4. „Es hat die Atombombenabwürfe gebraucht für ethische Diskussionen in den Naturwissenschaften.“

    Ich glaube eher daran, dass eine Menschheit, die genial genug für die Erforschung der Kernphysik ist, auch ohne den Einsatz direkt auf Städte zur Erkenntnis gelangt, dass dies ein unsägliches Verbrechen ist.

    Dazu sei auch auf diesen Abschnitt zu Leó Szilárd (https://de.wikipedia.org/wiki/Le%C3%B3_Szil%C3%A1rd ) verwiesen, der das unterstützt.
    „Allerdings riet er nach erfolgreicher technischer Konstruktion der Bombe entschieden von ihrem Einsatz im Krieg ab und versuchte ihn in Zusammenarbeit mit anderen Physikern zu verhindern. Den ersten Einsatz bei Hiroshima hielt er für einen Fehler, den zweiten bei Nagasaki für eine Grausamkeit.“

    Antworten
  8. till

    https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/zweiter-weltkrieg-deutsche-wissenschaftler-konnten-keine-atombombe-bauen

    Ein toller Vortrag, über dessen Inhalt ich eine lange, intensive Unterhaltung mit einem Physiker führen konnte.

    Zufällig laß ich gestern über die Jalta-Konferenz. Roosevelt und Churchill machten dort, in der Annahme dass die Einnahme von Japan noch 2 weitere Jahre andauern würde, große Zugeständnisse an Stalin.
    So gesehen haben die Atombombenabwürfe wohl einen positiven Effekt auf Europa/West-Deutschland gehabt. Zum Beispiel wäre die Berliner Luftbrücke dann wahrscheinlich unmöglich zu bewerkstelligen gewesen und West-Berlin wohl von den Allierten aufgegeben worden.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert