Das größte Lager der Nationalsozialisten, befreit am 27. Januar 1945.
Auch hörenswert: Werner von Oberwesel
Die passende Ausgabe “Eine Stunde History” läuft am 27. Januar 2025 auf DLFnova.
Das größte Lager der Nationalsozialisten, befreit am 27. Januar 1945.
Auch hörenswert: Werner von Oberwesel
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Als Luthers Geburtstag wird meistens der 10. November 1483 genannt. (Es war wohl die Nacht 10./11. November, deshalb wurde er nach dem Tagesheiligen des 11. Nov. Martin genannt.
Dass der Vorsitzende der deutschen Christen die unsägliche Brücke zwischen den Novemberpogromen und Luthers Geburtstag vornahm, zeigt erneut, dass die Gewalttaten ganz überwiegend am 10. November stattfanden – und zwar auch nicht nur in dessen ersten Stunden im Schutz der Dunkelheit, sondern vielfach am helllichten Tag.
Dass man Luthers Beweggründe zu seiner Hetze gegen die Juden nicht kennt, ist mir neu. Wirklich zu verstehen, ist es natürlich nicht, aber es lassen sich aus seinen Schriften und seiner Biographie schon einige Schlüsse dazu ziehen.
Luther hatte eigentlich in früheren Jahren recht guten Kontakt zu jüdischen Gelehrten, die er wegen ihrer Kenntnis alter Sprachen schätzte. Wie so ziemlich alle intensiv ihren Glauben auslebenden Christen zu dieser Zeit, war er extrem stark davon überzeugt, die richtigen Lehren zu predigen. Was zu sehr davon abwich, war verdammenswert. Deshalb war der Papst dann eben irgendwann der “Antichrist”, die “Rotten” der Bauernaufstände rund um die Täuferbewegung waren zu stechen, töten, schlagen, wo man sie nur findet. Ähnlich radikal äußerte Luther sich dann gegen die Juden, als er begriff, dass die reformatorische Lehre sie nicht zur Bekehrung zum Christentum bewegte. Darüber muss er sehr verbittert gewesen sein, weil er angenommen hatte, dass die Zuwendung zu den 3 solas (allein aus Schrift, Glaube und Christus) das Reich Gottes würde anbrechen lassen. In seiner Perspektive war den Juden mit dem “reinen Evangelium” die Hand gereicht worden und sie hatten es aber ausgeschlagen.
Warum der Antijudaismus strukturell eng mit dem Christentum verwoben ist, haben Juden selbst in der Nachkriegszeit des 2. Weltkriegs sehr gut analysiert. Im Grunde ist es eine Fortführung des Vorwurfs der Propheten des Alten Testaments an das eigene Volk, man habe sich als auserwähltes Volk gegen Gott vergangen, in der Annahme, man könne sich seiner Gunst durch die richtigen Riten und Opfergaben sicher sein. Das wurde in der Deutung der Geschichte Jesu Christi wieder augegriffen: die Juden hätten sich mechanistisch an Regeln gehalten und deshalb den wahren Messias nicht erkannt. Dass das auserwählte Volk nicht perfekt war und nie den Idealen der Christen entsprach, machte sie nicht nur wortwörtlich in Bezug auf Jesus, sondern auch metaphorisch zu Gottesmördern. Durch falsch verstandenen Ritus ist die Beziehung zu Gott tot. Noch nach dem Fall des NS-Regimes gab es widerständige Theologen der Bekennenden Kirche, die im Gespräch mit Juden darauf beharrten, dass die Juden ihr Unheil selbst heraufbeschworen hätten.
Es ist gut zu sehen: Juden waren für die christliche Theologie bis zum 2. WK immer eine Projektionsfläche für die eigenen Lehren und Überzeugungen. Ein Werkzeug im Theologiebaukasten. Der Versuch, den jüdischen Glauben und die Geschichte der Juden wirklich zu verstehen und nachzuempfinden, ist nur von sehr wenigen und viel zu spät unternommen worden.
Darauf konnten die Nazis extrem gut aufbauen und die christlichen Ideen mit ihrem Antisemitismus pervertieren. Die abstruse und an den Haaren herbeigezogene Blut- und Boden-Theologie der “Deutschen Christen” widersprach allen wesentlichen Grundpfeilern, insbesondere der evangelischen Kirchen, wurde aber von der überwiegenden Mehrheit begeistert aufgenommen oder zumindest stillschweigend akzeptiert.
Zwar ist eine klare Haltung gegen Antijudaismus und Antisemitismus durch die Bekennende Kirche nach 1945 zu einem wichtigen Kern der evangelischen Theologie geworden, aber leider befassen sich die meisten großen theologischen Grundwerke bis heute kaum mit dem Holocaust. Die dahingehend wichtigen Impulse kamen meist von Juden selbst oder aus der Philosophie.
Wunderbar! Meine Ausführung, man kenne die wahren Motive Luthers nicht, bezogen sich darauf, dass – jedenfalls tue ich das – die angeführten “Gründe” höchst zweifelhaft sind. Warum wünscht man jemandem den Tod, weil er sich der eigenen Vorstellung entgegenstellt. Aber Dank für die Erläuterungen!!!