WR1326 Der verbotene Übergang des Wasserstoffs

Ruth Grützbauch ist Astronomin, betreibt in Wien ein Popup-Planetarium, und ich lasse mir von ihr erzählen, was es am Himmel nicht zu sehen gibt, obwohl es dort ist.

Darin: WasserstoffRadiostrahlungHyperfeinstrukturWasserstofflinieHenk van der HulstRotverschiebungGaiaRotverschiebungRussel J. DonellySpektroskopieMessier 81 (auf 21cm) – Messier 82NGC 3077Erik Bertil HolmbergSpiralarmeWhirlpool-GalaxieDark AgesPioneer-Plakette

 

6 Gedanken zu „WR1326 Der verbotene Übergang des Wasserstoffs

  1. nblr

    Spannende und lehrreiche Folge. Vielen Dank!

    Der Hyperfeinstrukturübergang dient auch allgemein dazu, Zeit zu messen, da es sich um eine mit verhältnismäßig einfachen Mitteln sehr sehr präzise reproduzierbare und gut bekannte Frequenz handelt. Das ganze ist so präzise, dass 1967 die Sekunde im SI-Einheitenystem danach definiert wurde. Sie ist definiert als “Das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der Strahlung, die dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs entspricht.”
    Daher stehen bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig auch zwei Atomuhren auf Cäsium-Basis, welche als Referenz für die amtlich gültige Zeit dienen und deren Zeitsignal über den DCF77-Sender in Mainflingen frei und einfach empfangbar (z.B. mit einer Funkuhr) verbreitet wird.
    Noch genauer und langzeitstabiler als mit einer Cs-Atomuhr – und da schließt sich der Kreis zum Wasserstoff – kann die Zeit mit einem Wasserstoff-Maser bestimmt werden. Ein Maser ist vereinfacht gesehen ein Laser der nicht mit Licht, sondern mit Mikrowellen funktioniert. Für die Erfindung gabs verdienterweise sogar einen Physik-Nobelpreis.

    https://www.ptb.de/cms/ptb/fachabteilungen/abt4/fb-44/fragenzurzeit/fragenzurzeit15.html
    https://de.wikipedia.org/wiki/Atomuhr
    https://de.wikipedia.org/wiki/DCF77
    https://de.wikipedia.org/wiki/Maser

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    1. Christian Berger

      Solche Cäsium-Atomuhren sind übrigens relativ häufig zu finden. So was kostet neu grob 50k. Das ZDF hat meines Wissens nach mindestens eine davon im Einsatz. Gebraucht gibt es so was zur Zeit auf eBay für nur 5000 Euro.
      Wasserstoffmaser sind aber seltener.

    2. nblr

      Danke, Christian! In der Tat… Atomuhren sind weiter verbreitet als man denkt. Wer eine genaue Zeit braucht – und das ZDF gehört da auf jeden Fall dazu – hat eine herumstehen und sie werden immer günstiger. Der kostendrückende Faktor bei handelsüblichen (what a time to be alive!) Gebraucht-Atomuhren ist die bisherige Laufzeit und damit der Verbrauch der Partikelquelle. Frische Uhren kosten heutzutage noch fünfstellig. Gebrauchte gibts für ein Zehntel des Preises.

      Beim wichtigsten und teuersten Teil einer Atomuhr, dem Frequenznormal, ist man schon ab 100€ dabei. Soviel kostet eine “verbrauchte” Rubidium-Frequenzquelle, die noch etwas Signal hergibt, momentan auf ebay. Habe selbst eine Rubidium-Uhr daheim. Die Partikelfontäne/Lampe meiner Frequenzquelle ist schon etwas runter, sollte aber noch ein paar Jahre halten. Für den Hausgebrauch reichts jedenfalls. In der Regel sind Rb-Frequenznormale für 10 Jahre ausgelegt, dann ist das Material verbraucht.

      Was macht nun aber aus so einem Frequenznormal eine Uhr? Meine Rubidium-Uhr hat neben dem Rb-Frequenznormal – und das ist nicht unüblich – einen GPS-Empfänger. GPS basiert am Ende ja darauf, dass man die jeweilig lokale Zeit aus den Satelliten per Funk erhält. Man weiss wo der Satellit zu der empfangenen Zeit war, kann über die Laufzeit ausrechnen wie weit weg er sich befunden hat, und dann den eigenen Standort aus diesen Daten triangulieren. Via GPS gibt es genauere Zeit als via DCF77, denn je genauer die empfangene Zeit, desto präziser die Ortsbestimmung. Bei Gallileo werden zum Erhalt maximaler Genauigkeit Wasserstoff-Maser eines schweizer Unternehmens verwendet. GPS dürfte das ähnlich machen.

      Eine Uhrzeit macht aber noch keine Uhr. Für eine Uhr braucht man zwei Dinge: eine Referenz-Zeit: “Wann war es wie spät?” und eine präzise Messung, wieviel Zeit seit diesem Referenz-Zeitpunkt verstrichen ist. Früher hat man dafür Pendel verwendet. Man hat die Uhr gestellt und ab diesem Zeitpunkt hat das Pendel über das Uhrwerk die Zeiger präzise bewegt. Statt einem Pendel verwendet man heute – wenns sehr sehr genau sein soll – mit aufsteigend sortierter Genauigkeit, Rubidium, Cäsium, oder Maser-Frequenzquellen. Also Dinge, die einen genauen Takt vorgeben, der das Verstreichen der Zeit messbar macht.

      Man kann sogar die Zeit messen, wenn man nur einen GPS-Empfänger hat. Denn aus der Trägerfrequenz des GPS-Funksignals, die selbst recht präzise ist, kann man eine Zählung ableiten. Es gibt daher Uhren, die alleine nur aus der via GPS empfangenen absoluten Zeitangabe und der GPS-Frequenz eine präzise Zeitmessung erlauben – zumindest so lange sie ununterbrochen GPS-Empfang haben.

      Wenn man nun GPS und Partikelfontäne kombiniert, kann man auch die Zeit messen, wenn man nur gelegentlich via GPS eine Referenzzeit erhält. Das “Pendel” stellt dann das partikelbasierte Frequenznormal bereit. Viele Zeitserver (NTP) und andere Zeitquellen beziehen daher ihre Zeit nicht nur via DCF, sondern auch via GPS. Die besseren haben dazu zur Sicherstellung der Ganggenauigkeit ein Frequenznormal mit dem sie Empfangslücken überbrücken können. Zu unterschiedlichen Zeiten via GPS empfangene Referenz-Zeiten ermöglichen die Überprüfung der eigenen Ganggenauigkeit.

      Was macht man aber, wenn man kein Rubidium/Cäsium oder kontinuierlichen GPS-Empfang hat? Quartz! Ganz klassich wie in der Armbanduhr. Das ist natürlich weniger genau, denn ein Quarzkristall schwingt unterschiedlich schnell je nachdem wie warm er ist. Das kann man prima daheim experimentell nachvollziehen, indem man eine Quarzuhr eine Woche lang auf der warmen Haut trägt, eine Woche lang in den Kühlschrank legt und jeweils die Sekunden vergleicht, die die Uhr daneben liegt.

      Diesen Effekt kann man kompensieren: Wenn man weiß wie warm der Quarzkristall in der Uhr ist, und wie sich dieser Spezifische Quarzkristall bei unterschiedlichen Temperaturen verhält, kann man die Ungenauigkeit herausrechnen. Man hat dann ein sogenannten TCXO, ein Temperature Compensated Quartz Oscillator.

      Eine andere Variante, die noch genauer ist, nimmt die Temperatur ganz aus der Gleichung: Der Quarzofen, oder OCXO, Oven Controlled Quartz Oscillator. Hier wird das Quarz immer auf einer konstanten Temperatur gehalten. Genaue Uhren, bei denen die Verwendung von Rb/Cs unpraktisch ist (Größe/Preis) funktionieren genau nach diesem Prinzip.

      Seit ein Paar Jahren gibt es auch “Chip Sized Atomic Clocks”, die nicht größer als ein OCXO, bzw. ein Stück Würfelzucker sind und eine Rb-Frequenzquelle beinhalten. Bis das marktreif und unter 1000€ erhältlich ist, wird allerdings noch etwas Zeit vergehen.

  2. Christian Berger

    Über Rauschen beim Radio könnte man wirklich eine ganze Sendung füllen. Ich hab das in meiner Diplomarbeit behandeln müssen. Bei Frequenzen bis so grob 30 MHz überwiegt übrigens das natürliche Rauschen aus unserer Atmosphäre. Deshalb kann man auch Gewitter auf Mittelwelle hören.

    Das “unter Radio” im Spektrum sind die elektromagnetischen Gleichfelder, bzw Felder die sich langsam ändern wie das Erdmagnetfeld. Darüber gibts dann den “technischen Wechselstrom” für Dinge wie die Stromversorgung, beispielsweise auf 50 Hz, 60Hz oder 400 Hz. Das geht sogar direkt in den Langwellenbereich über. Beispielsweise gibt es ein paar Sender unterhalb von 100 Hz die für die Kommunikation mit U-Booten.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Communication_with_submarines#Extremely_low_frequency

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  3. Wolf von Gemmingen

    Liebe Ruth, lieber Holgi, das war eine sehr kurzweilige, informative und seeehr lustige Folge! Vielen Dank dafür! Ein mittelprächtiger Tag fand für mich so zu einem sehr schönen Abend. Würde mich freuen Euch bald wieder zu hören! Viele Grüße, Wolf von Gemmingen

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  4. Jost Migenda

    Da ihr in der Folge über Radioteleskop auf der erdabgewandten Seite des Mondes spekuliert hattet: Das ist gar nicht so unrealistisch wie ihr vielleicht denkt. Eine NASA-Gruppe hat 2019 schon einen 50-seitigen Entwurf für so eine Mission veröffentlicht, siehe arXiv:1911.08649 (https://arxiv.org/abs/1911.08649). Neben dem Dark Age des frühen Universums, über das ihr in der Episode redet, sollen damit auch die Magnetfelder von Exoplaneten untersucht werden.

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