WR1103 Weißsein (mit Susan Arndt)

 

“Hautfarbe ist ein erlerntes Sehen”, sagt Susan Arndt. Sie ist Professorin für englische und afrikanische Literaturen an der Universität Bayreuth und betreibt dort unter anderem kritische Weißseinsforschung.

Darin: Rassismus – Deutschland Schwarz Weiß* – Kritische Weißseinsforschung – Farbsymbolik – ParzivalJohn Hawkins – Hegel – Kant – Anton Wilhelm Amo – Minstrel Shows – Jim Crow – Dipesh ChakrabartyExit Racism* – Peggy PiescheTillschneiderMaisha-Maureen EggersNarratologieThe TempestOthelloRobinson CrusoeDas weiße Band – Heteronormativität

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39 Gedanken zu „WR1103 Weißsein (mit Susan Arndt)

  1. gueldi

    Hallo Holger,

    mich würde interessieren wie du zu deiner Gesprächspartnerin gekommen bist. Wieso keine Schwarze Wissenschftler*in? Das Problem, das in der Medienwelt besteht ist, dass über Schwarze Menschen geredet wird und nicht mit Ihnen. Es gibt extrem viele Schwarze Wissenschaftler*innen, die zu Rassismus forschen und informieren. Wieso also zu Rassismus und kritischem Weißsein mit einer weißen Person sprechen? Versteh mich nicht falsch, ich denke Susan Arndt hat natürlich Expertise, wie man offensichtlich im Podcast hört, aber ich finde es wichtig BIPoCs ihr eigenes Narrativ erzählen zu lassen. Was denkst du?

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    1. holgi Beitragsautor

      Abgesehen davon, dass Susan in meinem Bekanntenkreis ist (was ich allerdings auch erst seit wenigen Wochen weiß), finde ich es gerade wichtig, dass Weiße über dieses Problem reflektieren – und nicht immer Schwarze „anzapfen“, wie Susan auch in der Sendung sagt.

  2. Ali

    Hallo Holgi.
    Danke für das Interview.
    ich habe mich an ein paar aussagen gestoerrt, aber vermutlich ist genau das ziel des interveiws gewesen… sich mal kritisch zu hinterfragen.
    Stimme nicht allem zu, zumal ich selbst diskriminierung erfahren habe, obwohl ich weiss bin und es schwierig finde, wie sie mir das abspricht,e s rassismus zu nennen…

    Glaube es erreicht viele, die es nicht wahr haben wollen:)

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  3. Truhe

    Ich musste gerade an die Verbindung dunkel-schlecht-teuflisch denken, denn auf meinem Schokopudding steht “Devilishly dark” … … …

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  4. Jens

    Ich hatte erst “Weißwein” gelesen und hätte diese Folge fast übergangen, da ich sie der falschen Kategorie zugeordnet hatte. 😉 Gut, dass ich noch mal genauer hingesehen habe. Das war sehr informativ und trotz der ernsten Thematik kurzweilig. Auch wenn mir der Unterschied zwischen Rassismusforschung und “kritischer Weißseinsforschung” noch nicht so ganz klar ist. Da scheint die Schnittmenge doch recht groß zu sein. Gut, dass diese Themen nun auch in den Medien mehr Aufmerksamkeit bekommen. Gerne mehr Interviews dazu, danke, Holgi!

    Ich hatte damals ebenfalls Noah Sow (in einer gekürzten Hörfassung) rezipiert und fand sie im Gegensatz zu dir auch “zum Einstieg” gut geeignet. Es kann aber auch daran liegen, dass sie ihren Text sehr gekonnt, sympathisch und augenzwinkernd vorträgt. Tupoka Ogette finde ich wiederum in der Hörfassung etwas anstrengend, da sie als unerfahrene Sprecherin sehr monoton vorträgt und immer einen leicht anklagenden Unterton hat (der vermutlich gar nicht beabsichtigt ist). Auch kam ich mir manchmal vor, wie in einer Therapiesitzung: “Du wirst jetzt vielleicht Wut empfinden ….” 😉 Dennoch kann ich damit leben, denn man zieht sich sowas ja nicht zur Unterhaltung rein. Ich würde Ogette allerdings beim nächsten Mal in der Druckversion bevorzugen. Als Hörbuch würde ich “Einsteigern” neben Noah Sow noch Alice Hasters empfehlen. Lesen sollte man am besten alle drei.

    Ich denke, wer sich generell schon mal dazu entscheidet, ein Buch (oder Hörbuch) über Rassismus zu lesen/hören, ist schon darauf gefasst, dass sein Weltbild Kratzer bekommt und kann eher was “wegstecken”, als jemand, der heute noch glaubt, dass der Sarotti-M… zum Weltkulturerbe gehört und dann gleich zum Gegenangriff übergeht. Da hilft dann leider auch so ein Buch nichts.

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  5. Elo Naj

    Das einzige woran ich mich gestört habe war das Rassismusproblem der Zainichi Koreaner in japan der Rassismus abgesprochen, da gerade auch die Koreaner Opfer von japanischem Kolonialismus geworden sind ganz nach europäischen Vorbild mit ähnlichen Mustern (Auch Rassen gedanken von höheren und niederen Asiatischen Völkern). Ich meine klar ist es einfacher das auf Weiße einzugrenzen, aber das tut der wahren Komplexität der Problematik dann unrecht. Es kann natürlich auch sein das Frau Arndt das Problem der Zainichi Koreaner nicht bekannt ist.

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    1. Norbert

      Wie üblich ist das Thema zu komplex, um es mit ein paar Worten abzuhandeln. Dennoch ein paar Anmerkungen:
      1. Japan und Korea sind Nachbarländer, und in den 2000 Jahren dokumentierter Geschichte, die sich beide teilen, gab es immer wieder (freiwillige und unfreiwillige) Wanderungsbewegungen zwischen beiden Ländern. Die heute in Japan lebenden Koreaner sind z.B. zum großen Teil Nachfahren von Zwangsarbeitern oder Kollaborateuren aus dem zweiten Weltkrieg. Andererseits gibt es Hinweise, daß die Bildung der ersten japanischen Staaten vor ca 1700 Jahren durch koreanische Migranten angestoßen wurde (deren Staaten damals schon ein paar 100 Jahre Geschichte hinter sich hatten). Es dürfte einem Japaner schwer fallen, einen in Japan sozialisierten Koreaner auf der Straße als solchen zu erkennen, ähnlich wie es uns schwer fällt, einen hierzulande sozialisierten Polen oder Franzosen als solchen zu erkennen. Das ändert sich oft erst, wenn der Koreaner seinen Namen nennen, oder seinen Pass vorlegen muß (z.B. bei der Wohnungssuche). Was mich zu Punkt 2 bringt:
      2. Aufgrund der schlechten Erfahrungen, die die Koreaner mit den Japanern gesammelt haben (insbesondere 1895-1945) und nachdem ihnen Ende 1945 die japanische Staatsbürgerschaft entzogen wurde, haben sich nach Gründung der beiden koreanischen Staaten 1948 und angesichts des Koreakriegs viele in Japan lebende Koreaner entschlossen, die nordkoreanische Staatsbürgerschaft anzunehmen (zur Erinnerung: Bis in die 80er Jahre war Südkorea eine brutale Militärdiktatur, die tausende ihrer eigenen Leute auf dem Gewissen hat – nicht zu Reden von ihrer Rolle im Vietnamkrieg). Mit einem nordkoreanischen Pass macht man sich in Japan aber nicht besonders viele Freunde.
      3. Ähnlich wie in Deutschland ist eine Folge der Ausgrenzung aus der Gesellschaft, dass viele Koreaner in Japans Schattenwirtschaft/in Graubereichen tätig sind. So wird z.B. ein Großteil der Pachinko-Hallen (Glücksspiel) von Koreanern betrieben. Stichwort: Arabische Familienclans, selbsterfüllende Prophezeiung.
      4. Japan hatte bis zur Meiji-Restauration (ab 1868) eine Art Kasten- oder Ständesystem – das sogenannte Shinōkōshō („Schwertadel, Landwirtschaft, Handwerk, Handel“), und Berufe waren erblich. Leider lassen sich nicht alle Gewerke und Lebensstile in dieses Schema pressen, so daß es außerhalb dieser vier Stände auch noch die Schmutzigen/Unberührbaren (Eta) und die Nichtmenschen (Hinin) gab. Eta waren z.B. Bestatter, Metzger oder Gerber. Hinin waren Schwerverbrecher und deren Nachfahren (Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, bis in die dritte und vierte Generation. (2. Mose – Kapitel 20)). Wer heute noch einen für diese Aussätzigen typischen Familiennamen trägt, oder in einem Viertel lebt, das diesen einst vorbehalten war, muß immer noch mit Diskriminierung rechnen. Und wer heute aus irgend einem Grund nicht in das Shinōkōshō passt, muss damit rechnen, bis zum Beweis des Gegenteils zu den Aussätzigen gezählt zu werden.

      Also:
      * Japan ist vorbelastet
      * Nicht alles was wie Rassismus aussieht ist auch Rassismus
      * Man sollte den Menschen Unwissenheit und fehlende Erfahrung zugestehen
      * Japan hat wie eigentlich alle Länder seine 10-20% Idioten
      * Der Japaner an sich ist nett, freundlich und jederzeit für ein Schwätzchen zu haben.

    2. Elo Naj

      @holgi Ja sie hat erklärt warum sie das so macht, aber das reicht mir nicht ganz. Als jemand der “Modernes Japan” studiert hat hab ich meien Probleme damit wenn man der Zainichi Koreaner Problematik den Rassismus abspricht. Ein ganz großes Problem sind vorallem die Koreaner denen man die Staatsbürger des japanischen Reiches waren und die dann weder japanischen noch koreanischen Pass bekommen haben und nun in mehreren Generationen ohne Pass als Staatenlose in Japan leben.

      @Norbert “Der Japaner an sich…” das ist eine kulturalistische Äußerung die man an sich überdenken sollte…

    3. Claudia

      Wäre nett gewesen, wenn früher im Gespräch klar geworden wäre, welche Definition von ‘Rassismus’ verwendet wird. Bis das zu Sprache kam bin ich ziemlich oft von Gedanken Richtung, “Moment, da gibts doch aber auch das und das was auch Rassismus ist.” abgelenkt worden.

  6. der Holger

    Konkrete Frage zum Begriff Mohren

    Gilt wie immer meist für Kneipen und auch für Apotheken. Bei mir selbst aber als Mohrenkopf und Mohrenkopfwecken. Im Sprachgebrauch des Dialektes ein völlig von Hautfarbe entkoppelter Begriff.

    Ich selbst stehe auch dazu Begriffe zu verwenden – das erinnert eher an Harry Potter mit Voldemort.
    Er, dessen Name nicht genannt werden darf

    Immer zum Jahresende, dem Gedenktag eben, zirkuliert folgender Hinweistext. wo es um die Geschichte des Mohren geht und weswegen hier speziell Apotheken und Kneipen den Namen verwenden.
    Was ist an dem Text nun Hoax und was ist daran einfach Rassismus?

    Zitat:
    Liebe Leserinnen
    und Leser!
    Hilfe! Ich will einen Mohrenkopf!
    Aber immer bietet man mir stattdessen einen Schokokuss oder einen
    Schaumkuss an. Das ist nicht dasselbe. Wissen Sie, was ein Mohrenkopf ist?
    Ursprünglich ist es das Portrait des Heiligen Mauritius.
    Mauritius, auch St. Maurice oder Moritz, auch abgekürzt Mohr lebte
    im 3. Jahrhundert. Als Anführer der Thebanischen Legion Roms
    weigerte er sich, Christen ihres Glaubens wegen zu töten. Wegen
    dieser Befehlsverweigerung wurde er hingerichtet.
    Mauritius war Afrikaner. Sein dunkles Konterfei ziert als Standbild den
    Magdeburger Dom, im Wappen des Bistums München und Freising ist
    er als Schutzheiliger abgebildet, als solcher ist er auch in das Wappen
    Papst Benedikt XVI. gewandert. Da er auch als Heilkundiger galt, wurde er
    zum Patron der Apotheker.
    Moritzkirchen, Moritzapotheken oder Mohrenapotheken erinnern
    an den Afrikaner, der sich den Christenverfolgungen entgegenstellte.
    Auch der Mohrenkopf als Gebäck ist von dieser Tradition abgeleitet.
    Ist dieser also herabwürdigend? Die Frankfurter Mohrenapotheke soll
    auf Betreiben der Kommunalen Ausländervertretung ihren
    Namen ändern. Demnächst ist die Moritzapotheke in Wiesbaden dran.
    Der Mohrenkopf ist schon längst zum Schaumkuss geworden.
    Und alles nur, weil kein Mensch mehr etwas vom Mohren, dem Moritz,
    dem Heiligen Mauritius weiß. Wie schade! Man muss diese Dinge ja
    nicht wissen. Aber die Kombination von Unwissenheit und moralischem
    Überlegenheitsgestus hat noch immer Unheil gebracht. Neulich wurde mir
    verschmitzt eine Schaumwaffel mit Migrationshintergrund” angeboten.
    Aber am 22. September, dem Gedenktag des Heiligen Mohren, kaufe
    ich mir einen Mohrenkopf. Komme was wolle!
    Es grüßt Sie herzlich Ihr
    Eberhard Geisler, Pfarrer in Bärstadt

    http://www.kathpedia.com/index.php?title=Mauritius_(Heiliger)

    Antworten
    1. Norbert

      Der Text enthält zumindest ein paar Ungenauigkeiten.
      Als Geburtsort des Heiligen Moritz wird Theben in Oberägypten angenommen (lat Diospolis Magna, heute Luxor). Er dürfte also mit hoher Wahrscheinlichkeit ein hellhäutiger Ägypter gewesen sein, der nur im Vergleich zu Mitteleuropäern etwas dunklere Haut hatte. Wie im Podcast angesprochen haben die alten Griechen und Römer recht deutlich zwischen zivilisierten Ägyptern, hellheutigen Libyern (alles westlich von Ägypten), und schwarzen Äthiopiern bzw. Nubiern unterschieden. Entsprechend wird St. Moritz in der koptischen Ikonographie, aber auch von einigen europäischen Malern (wie El Greco) hellhäutig dargestellt.

    2. der Ralf

      Naja, der Begriff des “Mohr” geht auf Mauretanien bzw. auf diese Nordafrikanische Region zurück und geht bis in die Antike zurück. In seiner abwertenden Verwendung noch älter als das N-Wort. Vielleicht aufgrund seiner Verwendung ein eher europäischer Begriff. Nichtsdestotrotz immer schon aus der vermeintlich Überlegenen Position verwendet (M als Diener, Im Hofstaat als Exoten oder auch bei “Völkerschauen”)

      Nur weil da ein katholischer Pfarrer etwas von einem Heiligen daher schwafelt um die Verwendung irgendwie gut zu reden, macht es das ja nicht besser. Wobei die Verbindung bzw. das entsprechend Gebäck sogar ausdrücklich auf die dunkle Hautfarbe des Moritz anspielt.

      Um die Frage zu beantworten:
      Der Text ist gelebter Rassismus pur:
      Er bezieht sich auf eine historische Figur mit dunkler Hautfarbe, leitet das M Wort von dessen Namen ab, vertuscht dabei gekonnt das M von einer Nordafrikanischen Region kommt (und auf alle dortigen Bewohner angewendet wurde) und ignoriert vollkommen das der Name der Person vielleicht von seiner Herkunft abgeleitet wurde (Wie war sein echter Name? Das an sich ist ja schon herabwürdigend.) und behauptet dann das dieses Gebäck (der M-KOPF) als Gedenken für diese eine Person gilt. Lass mich raten, der heilige Moritz wurde enthauptet?

      Selbst wenn die komplette Geschichte mit dem heiligen Moritz, und dem davon abgeleitete Begriff M inkl. seiner Verwendung in verschiedenen Kontexten (immer und ausschließlich mit dem Bezug auf diesen einen Moritz) richtig sein sollte: Sprache ändert sich, Zeiten ändern sich. Der Begriff M wurde und wird abwertenden verwendet. Da hilf auch kein versuch des reinwaschen durch die (vermeintlichen) ursprünglichen Bedeutung.

    3. Jochen

      @der ralf

      In deinem Kommentar kann ich leider keinerlei Argumente, sondern nur Behauptungen finden. Kriegst du das auch ohne Behauptungen hin?

    4. der Holger

      Danke für die Antworten.

      werde dementsprechend weiterhin der Gewohnheit folgend den Begriff “Mohr” verwenden – entspricht irgendwie also auch Voldemort.
      Mich selbst schrecken sowieso alle extremen Meinungen ab. Egal wie gefühlt positiv diese auch erscheinen baue ich da grundsätzlich in lnke wie rechte Richtuing zuerst eine Mauer drumraum und bleibe weiterhin positiv in der Mitte .

      Sprache ändert sich nie angeordnet sondern durch gelebte Realität. Ja, da bin ich in meinem Umfeld gefangen udn akzeptiere das. Mohrenkopf ist eben normal und jeder versteht das.
      Wenn nun jeder Turulu dazu sagt akzeptiere ich das genauso wie wenn derzeit jeder Tisch zu einem Tisch sagt. Alles problemlos.

    5. der Holger

      Nein – dafür fühle ich mich viel zu gewöhnlich.
      So betrachtet in der Gesellschaft total unauffällig. Das funktioniert für mich.
      Den Anspruch herausragend zu sein habe ich an mich nicht.

      So im Nachdenken?
      In mir baut sich bei allen extremen Meinungen eine innere Mauer auf egal wie edel sei sein mögen und schon ist das Thema gegessen.

    6. der Ralf

      @Jochen
      Vermisst du zu meinen Argumenten warum der Text Rassismus ist die Quellen oder worauf beziehst du dich?

      Davon abgesehen, egal wie und ob der Begriff früher verwendet wurde: Heutzutage wird er von den Betroffenen Menschen als rassistisch empfunden. Es ist ein Zeichen von Anstand und Respekt ihn daher nicht zu verwenden. Das ausgerechnet ein Pfarrer dieses Mindestmaß an Menschlichkeit vermissen lässt und damit auch noch seine Anhänger aufstachelt spricht Bände.

      Wie wäre es mit einem Kompromiss: Alle die Ihr Schaumgebäck als Gedenken an irgendeine historische Person verstanden wissen wollen sollen eben den deutschen Namen verwenden: Moritzkopf. Oder wer es etwas exotischer haben will Maurice- oder Mauritiuskopf.
      Der Heilige heißt schließlich auch St. Moritz/Mauritius und nicht St. M…

      Wer verkrampft am M-Wort festhält ist eben ein herzloser Rassist. Da gibt es nichts schön zureden.

    7. Björn

      Wenn ich etwas aus dem Linguistik-Studium mitgenommen habe, dann: Etymologisieren ist sinnlos, wenn es darum geht, die heutige (!) Bedeutung eines Wortes zu klären. Es spielt für die heutige Verwendung keine Rolle, wie ein Wort in früheren Zeiten verwendet wurde und gemeint war. Wir nennen ja Frauen auch heute nicht mehr Weiber…

      Übrigens: Ein M-Kopf ist nicht dasselbe wie ein N-Kuss (oder Schoko- oder Schaumkuss). Das sind zwei verschiedene Arten von Gebäck.

    8. Tarifkenner

      “Wenn ich etwas aus dem Linguistik-Studium mitgenommen habe, dann: Etymologisieren ist sinnlos, wenn es darum geht, die heutige (!) Bedeutung eines Wortes zu klären.”
      Sehe ich ganz genauso. Aber das Wort “M” verwendet doch heutzutage keiner mehr. Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, jemals in einem heute geschriebenen oder gesprochenen Text das Wort “M” für einen Afrikaner gelesen oder gehört zu haben.
      Dass die ca. 100 M-Apotheken in Deutschland ihren Namen in der Absicht oder zumindest im Bewusstsein gewählt haben, damit Afrikaner abzuwerten, kann ich mir schlecht vorstellen. Im Gegenteil: Damit wollte der Apotheker doch eher seine besondere Fachkunde und die Erlesenheit der Arzneimittel anpreisen und betonen, dass er eben nicht in derselben Liga wie die Kräuterhexe aus dem Umland spielt. Man kann ja mal ausschließlich abwertend benutzte Wörter, die mit “N” oder “Kan” beginnen, vor Apotheke schalten und überlegen, wie wahrscheinlich diese Geschäftsbezeichnungen wären.
      Liegt der Auffassung, dass das M-Wort schon immer und ausschließlich abwertend gemeint war, nicht auch eine rassistische Denkweise zugrunde? So nach dem Motto “Ein altertümlicher Begriff für Afrikaner kann ja nur abwertend gemeint sein.”

  7. Schwarzmaler20

    Du schaffst es, daß ich mir anderthalb Stunden ein Interview zur kritischen Weißseinsforschung anhöre und vielem zustimme. Danke dafür.

    Antworten
  8. Jochen

    Was ich bei allen Gesprächen auf dieser Richtung auffällig finde: ab einem gewissen Punkt lassen Überzeugte die innere Logik fahren.

    Ein Beispiel hier: “schwul” ist heute ein erfolgreich umgewerteter Begriff, das ist gut. Bei allen anderen Begriffen verweigern wir aber jede Benutzung, so dass eine Umwertung unmöglich wird. Was ist jetzt richtig? Erkennen wir an, dass es um die Begriffsbedeutung in den Köpfen der Menschen geht, oder tilgen wir “bloß” syntaktische Konstrukte bzw. Bestimmte Begriffe aus der Sprache? Was sagt eigentlich die Wissenschaft dazu?

    Ich frage mich weiterhin: wie kann man so offen an Ungerechtigkeit glauben, aber kein Antikapitalist sein? Jedes kleinste in Sprache formulierte Unrecht mit Hautfarbe oder gender ist verurteilungswürdig, aber alle anderen Ungerechtigkeiten ignoriert man weg? Mir scheint das alles untrennbar miteinander verschränkt zu sein… Wäre aber natürlich unbequemer und würde mehr an die Privilegien gehen, die man selbst schätzt. In dem Gespräch waren so viele Gelegenheiten, bei denen wirtschaftliche Ungerechtigkeit erwähnt hätte werden müssen, dass sich das alles sehr heuchlerisch anfühlt.

    Antworten
  9. Christoph

    Danke für die tolle Sendung, sehr aufschlussreich!

    Einige Kommentare hier bestätigen leider die häufige Reaktion, die schon in der Folge angesprochen wird: Es findet keine wirkliche Auseinandersetzung mit Rassismus statt, statt dessen wird das Problem aufwändig wegdiskutiert.

    Als Ergänzung zum Podcast Empfehle ich noch Susan Arnds Beitrag aus der taz:
    https://taz.de/Privilegien-in-Corona-Krise/!5677150/

    Antworten
    1. Marc

      @Christoph:
      “Es findet keine wirkliche Auseinandersetzung mit Rassismus statt, statt dessen wird das Problem aufwändig wegdiskutiert.”
      Dein Kommentar bestätigt leider die häufige Reaktion: Wenn nicht die gewünschte Schlussfolgerung/Meinung (also deine) am Ende herauskommt, dann sind es halt Ignoranten (oder Schlimmeres). Hint: Auseinandersetzung bedeutet nicht deine Position einzunehmen.

      Zum M-Kopf:
      Wie dieses Gebäck jetzt genannt wird ist mir ziemlich wurscht. Für mich war es nie negativ konnotiert. Und PoC die mich kennen, wissen auch dass ich das nicht negative meine und sie nicht daran erinnern möchte was “die Römer mit solchen Leuten wie dir gemacht hätten”.
      Das Problem ist diesen “Aufklärern” den kleinen Finger zu geben. Den Rest des Sprichwortes kennt ihr.
      Das N-Wort ist wesentlich schlimmer. Das man dieses nicht mehr verwendet ist absolut richtig. Allerdings beim M-Kopf geht es mir (und ich kann nur für mich sprechen) etwas zu weit. Mir geht es darum solchen Spinnern rechtzeitig Grenzen aufzuzeigen. Sonst passieren immer mehr Dinge wie z.B. was das Twitter Engineering Team rausgehauen hat. Man soll (in der Informatik wohlgemein) u.a. die Begriffe “blacklist” und “whitelist” nicht mehr verwenden. Da habt ihrs den Ku Klux-Programmieren aber mal so richtig gezeigt *facepalm*

    2. Norbert

      was “die Römer mit solchen Leuten wie dir gemacht hätten”.

      Da machen wir uns wahrscheinlich völlig falsche Vorstellungen von. Wir denken halt an den schwarzen Sklaven auf den nordamerikanischen Baumwollfeldern, und glauben, das war bei den Römern genauso. Dabei vergessen wir, dass auf den römischen Sklavenmärkten vor allem Germanen, Daker und Perser gehandelt wurden (also wahrscheinlich mehr weiße als schwarze Sklaven). Fun Fact am Rande; Britische Archäologen finden immer wieder sterbliche Überreste aus Römischer Zeit von Menschen mit eindeutig Schwarzafrikanischer Herkunft, die nicht den unteren Gesellschaftsschichten angehörten – Freigelassene, Offiziere, Damen der gehoben Gesellschaft.
      https://theconversation.com/mary-beard-is-right-roman-britain-was-multi-ethnic-so-why-does-this-upset-people-so-much-82269
      https://www.history.co.uk/article/the-history-of-black-britain-roman-africans

      Noch ein Fun Fact am Rande: Die alten Griechen haben Schwarze so sehr gehasst, dass sie drei von ihnen direkt an den finsteren Nachthimmel verbannt haben: Kepheus, Kassiopeia und Andromeda.

      Das heißt natürlich nicht, daß es der Mehrheit der Schwarzen in der Griechisch-Römischen Welt besonders gut ging. Es heißt nur, dass es nicht allen schlecht ging.

  10. John

    Vielen Dank für die Sendung. Ich habe gemerkt, dass ich nicht wusste, wie die Geisteswissenschaft den Begriff ‘Rassismus’ verwendet. Ich hielt das naiv immer für äquivalent zu der unterschiedlichen Bewertung von Menschen nach ‘Rasse’, mit fließendem Übergang zur Fremdenfeindlichkeit. Susan meint aber, Rassismus bezeichne ausschließlich die kulturelle Ideologie der Minderwertigkeit von Schwarzen (oder nicht-Weißen?), habe ich das richtig verstanden?
    Ist der Rassismus im Dritten Reich gegen die Slaven dann Rassismus?
    Ist die Diskriminierung gegen Polen und türkisch aussehende Menschen in Deutschland Rassismus? Bei meinem Opa bin ich mir da sicher, aber nach dem Podcast bin ich mir nicht mehr sicher ob der gesellschaftliche Diskurs, an dem Susan teil hat, das auch so sieht.

    Es klang jetzt so als ob Susan und einige Kommentatoren jegliche Licht-/Schattensymbolik wegen ihrer Verwendung in rassistischem Kontext vermeiden wollte, habe ich das richtig verstanden?

    Ich finde es gefährlich, das subjektive Leid von Menschen zu relativieren (als weißer Mann müsse es einem in Deutschland ja gut gehen, etc.) und so ihre Erfahrung der Welt zu invalidieren. Das ist nicht nett, keine gute Strategie und führt zu Trump.

    Antworten
    1. holgi Beitragsautor

      Das subjektive Leid dieses weißen, deutschen Mannes scheint diesen allerdings fast immer nur dann zu interessieren, wenn er es in Stellung bringen kann, um sich nicht mit seinen Privilegien auseinandersetzen zu müssen. “Whataboutism”, nennt man dieses Verhalten, einen Strohmann aufzustellen. Dabei hätte dieser Mann ständig jede Gelegenheit, sich um sein Leid zu kümmern – er macht es bloß nicht, sondern nutzt es willkürlich zur Abgrenzung.

      Sehr schön hat man diese Strategie sehen können, als sich plötzlich alle möglichen Leute, die man vorher nie mal hat helfen sehen, für die Obdachlosen interessiert haben, weil man diesen Strohmann so schön gegen Flüchtlinge stellen konnte.

      Und das führt auch nicht zu Trump. Dummheit führt zu Trump.

  11. Tarifkenner

    Eines vorweg: Ich bin absolut dafür, Menschengruppen so zu benennen, wie die Mitglieder der Gruppe benannt werden möchten. Und zwar ohne Diskussion und ohne, dass die Gruppe dies begründen müsste.
    Wenn man anfängt, logisch herleiten zu wollen, dass alle abgelehnten Ausdrücke aus sich selbst heraus – also unabhängig von der Intention des Verwenders – rassistisch sind und schon immer rassistisch waren, wird es in meinen Augen schwierig. Man merkt es im Gespräch an logischen Brüchen bei Susan Arndt.
    Als Holgi das Argument zitiert, dass doch das N-Wort nach seiner lateinischen Wurzel nichts anderes als „schwarz“ bedeute, argumentiert Susan Arndt mit der christlichen Farbsymbolik, nach der Schwarz für das Schlechte oder Böse steht. Aber genau das wäre doch das Argument, Schwarz in gleicher Weise für einen rassistischen Ausdruck zu halten wie das N-Wort.
    *
    Bei der Schilderung der ersten Begegnung zwischen Robinson Crusoe und Freitag weicht Susan Arndt ganz erheblich vom Roman von Daniel Defoe ab. Bei Defoe wirf sich Freitag vor Crusoe nieder und Freitag setzt Crusoes Fuß auf seinen Kopf. („Endlich befand er sich dicht bei mir, kniete abermals nieder, küßte die Erde, legte den Kopf auf den Boden, ergriff meinen Fuß und stellte diesen auf seinen Kopf. Er wollte damit, wie es schien, andeuten, daß er für alle Zeit mein Sklave sein werde.“) Endlich befand er sich dicht bei mir, kniete abermals nieder, küßte die Erde, legte den Kopf auf den Boden, ergriff meinen Fuß und stellte diesen auf seinen Kopf. Er wollte damit, wie es schien, andeuten, daß er für alle Zeit mein Sklave sein werde. Susan Arndt schildert es – vielleicht aufgrund eines Versprechers – so, als setze Crusoe seinen Fuß auf Freitags Kopf.
    *
    Was ich nicht verstanden habe: Susan Arndt betont einerseits, der das Konzept der Menschenrasse und der Rassismus seien 1492 erfunden worden. Andererseits wird die Linie des Rassismus über Parzival (13. Jahrhundert) und Aristoteles (4.Jh.v.Chr.) gezogen.
    *
    Dennis Scheck tritt in der ARD-Sendung Druckfrisch auf, nicht im ZDF. Er wurde gewissermaßen als Gegenfigur zu Elke Heidenreich (ZDF), die ja alle Bücher toll findet, entworfen.

    Antworten
  12. Marek

    Vielen Dank für diesen tollen, informativen und zum nachdenken anrengenden Podcast!
    Das war wirklich zum ersten Mal, dass ich mir über Wörter wie schwarzfahren, schwarze Kasse, Schwarzgeld, schwarze Magie, Schwarzarbeit im Wortsinne Gedanken gemacht habe. Wäre es denn jetzt angebracht diese Worte umgangssprachlich (und dann natürlich auch sehr gerne in der Presse) zu vermeiden (analog dem N.-Wort) oder ist das dann “übers Ziel hinaus geschossen”?

    Zum ersten Mal habe ich auch die Idee hinter der Definition von Rassismus als rein Weiß zu Schwarz meinend verstanden. Auch wenn ich den Gedanken dahinter verstehe, bin ich mir nicht sicher ob diese (intellektuell gut begründete) Definition dann doch nicht von dem was man allgemein als Rassimus versteht zu sehr abweicht (dann wäre die Bezeichnung “Schlitzauge” für einen Asiaten ja keine rassistische Beleidigung sondern “nur” eine Diskreminierung wenn ich das richtig verstehe).

    Hier gibt es noch so viel zu lernen und nachzudenken das ich gern noch mehr und erweiternde Positionen hören würde.

    Antworten
  13. David

    Wenn ich mir hier die Kommentare so durchlese, fände ich eine Folge mit “Norbert” hier auch interessant. Er hat sicher auch viel zu erzählen. 😉
    Für den WRINT Länderspiegel…. 😉

    Antworten
  14. Philipp

    Vielen Dank für diese aufschlussreiche und wichtige Sendung!

    Bei mir kam vor allem die Frage auf, wie Susan Arndt andere gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bezeichnen würde, die sich gegen bestimmte europäische Nationalitäten richtet.

    Ich habe in meinem Freundeskreis einige Menschen aus Bulgarien. Menschen die voll und ganz dem CDU-esken Wunsch nach dem “gut integrierten Ausländer” entsprechen: EU-Bürger, die gut Deutsch können und gut bezahlte Jobs haben und sogar Sonntags in die Kirche gehen. Trotzdem reichen bereits dunkle Haarfarbe und ein slawischer Akzent, um regelmäßig von der Polizei gefilzt, von einem Ömchen an der Straßenbahnhaltestelle beschimpft zu werden oder Probleme beim Eröffnen von Bankkonten zu haben. Noch schlimmer ist es für die Menschen aus Süd- und Osteuropa, die hier als Erntehelfer arbeiten und unsere Drecksarbeit machen, für die Herr und Frau Müller-Lüdenscheid sich zu fein sind.

    Diese Leute als “schwarz” zu bezeichnen, weil sie nicht zur deutsch/westeuropäischen Mehrheitsgesellschaft gehören, finde ich aber auch schwierig. Ist die Idee von Susan Arndt, den Begriff “Rassismus” auf die Hautfarbe zu beschränken, um eben primär auf den ideologischen, kolonialen Rassimus hinzudeuten und diesen eben von anderen Menschenfeindlichen Ideologien, wie z.B. dem Antisemitismus (der ja auch primär von Weißen gegen Weiße geht), zu unterscheiden? (Wobei es natürlich historische Vermischungen gibt – die Nazis haben nicht nur Schwarze und Juden, sondern eben auch Slawen und sogar Franzosen rassisch degradiert).

    Die andere Frage die sich mir nach dieser Sendung stellt: Was muss eigentlich geschehen? Bewusstsein für die eigene Privilegiertheit zu schaffen ist sicher der Grundstock. Aber letztlich löst sich das Rassismusproblem doch nur auf, wenn wir die Eigentumsfrage in dieser Welt neu bewerten. Denn letztlich bauen unsere heutigen Privilegien vor allem auf dem wirtschaftlichen Vorsprung von uns “Weißen” auf, oder? (Ähnlich wie man es ja auch zwischen West- und Ostdeutschen gut beobachten kann)

    Antworten
  15. Kathrin

    Also ich finde es prima, dass mein Sohn (gerade 4) den Schokokuss nur als Schokokuss kennt und nie ein anderes Wort gelernt hat. Ich bin sehr sicher, dass ihm deswegen in seiner Kindheit nichts fehlt. Außer vielleicht ein kleines Mosaikteilchen des institutionalisierten Rassismus und daran kann ich nichts Schlechtes finden.

    Antworten
    1. Sokrates

      Ich finde ja, dass das Wort Schokokuss das Konzept des Küssens ziemlich abwertet… Aber da das jetzt nichts mit Hautfarbe zu tun hat, geht das natürlich voll in Ordnung.

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