WR1000 Von Anfang an Europa VIII

 

Matthias von Hellfeld hat ein neues Buch geschrieben. Es heißt “Von Anfang an Europa“, hat acht große Kapitel und darum gibt es zu jedem Kapitel eine Sondersendung.

Hier ist Teil acht und Schluss: “Vom Ursprung nach Utopia”

Und wer sich das Buch beim Kistenschieber bestellen will, findet hier einen Affilitae-Link, der mir ein wenig Provision in die Kasse spült (übrigens auch dann, wenn ihr einen anderen Einkauf tätigt, aber über diesen Link eingestiegen seid).

19 Gedanken zu „WR1000 Von Anfang an Europa VIII

  1. gom

    Moin,
    Matthis Vorschlag, bzw der Vorschlag desjenigen, den Matthias dazu befragt hat halte ich für gefährlich.
    Egal ob es nun einen Split zwischen schwachen Euro und starken Euro gäbe oder nationale Währungen. Eine solche Aufteilung in einem freiem Wirtschaftsraum lädt Spekulanten geradezu dazu ein, diese Währungen und die damit getrennten Wirtschaftsräume gegeneinander auszuspielen. Das ist genau das Ding, welches der Euro verhindern soll und bisher auch ganz gut verhindert hat. Ganz davon abgesehen wäre das ein weiterer Ansatz zur Separation, die Nationalisten sicher dankend aufgreifen um sich selbst zur Macht zu verhelfen.

    Ganz besonders merkwürdig finde ich den Ansatz den Euro als Außenhandelswährung zu nutzen und eine nationale Währung für die Innenhandel. Das kling ein bisschen nach DDR, die Bevölkerung wird mit einer relativ wertlosen Eigenwährung abgespeist und Devisen gehen an den Staat. Im Kapitalismus würden die Devisen eben an die privaten Unternehmenseigner abfließen und der Staat würde davon (fast) nichts sehen[1]. Damit hätte man dann eine noch krassere Separation zwischen Arm und Reich. Die einen bekommen wertlosen Schund, der sich nicht einmal zum Sparen lohnt (wird ja stetig entwertet) und die anderen haben harte Euro, mit denen sie fröhlich Infrastruktur aufkaufen (Wohnungen, Unternehmen, Straßen).
    Regulation/Gesetze bringt da auch nichts. Der Gesetzeskanon, der das verhindern könnte würde in ähnlicher Form auch alle Probleme des Euro als Einheitswährung für alle lösen.. Passieren wird das aber wohl so oder so nie.

    Auch das Argument, dass Griechenland mit einer eigenen Währung besser dagestanden hätte kann ich nicht mitgehen. Auch mit einer eigenen Währung, die die Griechen fröhlich abgewertet hätten, hätte es kurzfristig gekracht. Es bringt einfach nichts die eigene Währung abzuwerten, wenn der Außenhandel in Leitwährungen wie dem US-Dollar, Euro oder Yuan abgewickelt werden (CNY).
    Ich wage gar zu behaupten, dass der Euro stabilisierend gewirkt hat. Bei FIAT Geld, hängt dessen Tauglichkeit als Handelsmittel ja am Vertrauen seiner Nutzer. Die Drachme hätte diesen Vertrauen wahrscheinlich verloren und wäre damit wertlos. Gefolgt wäre eine Schattenwirtschaft die auf einer der Leitwährungen basiert hätte [2]. Der Staat hätte jegliche Kontrolle verloren und in Griechenland hätte es richtig geknallt.

    [1] Größte Steuerquelle ist in den meisten Staaten die Besteuerung der Konsumenten/Arbeitnehmer über Mehrwert- und Lohnsteuer. Unternehmenssteuern machen vergleichsweise wenig aus und wenn die zu hoch werden, verschiebt man den Firmensitz und damit die Gewinne halt irgendwohin, wo die Besteuerung genehm ist.

    [2] Ganz böse Gesellen würden solche Ereignisse nutzen um die eigene Währung in fremde, wirtschaftlich schwächere Länder zu drücken und so Einfluss zu gewinnen. Wenn die Regierung machtlos ist und die Schattenwirtschaft als einzig verbliebene Wirtschaft auf Rubel oder Yuan basiert druckt man als guter Demokrator einfach ein paar Milliarden und kauft einmal alles. (Das die europäische Lösung Züge davon trägt ist bestimmt zufällig :/ )

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    1. Johannes

      Ich finde die ganze Idee auch sehr seltsam und naiv. Insbesondere widerspricht der Gedanke, die “interne Währung” abwerten zu können, während alle Exporte und Importe weiter in Euro laufen, doch auch ganz klar dem von Herrn von Hellfeld geäußerten Wunsch nach einem Wohlstandsausgleich innerhalb von Europa? Wenn Italien seine interne Währung abwertet um damit fehlende Produktivität auszugleichen, wird der italienische Arbeiter hinterher in Summe nicht gleich viel verdienen wie ein Deutscher. Der italienische Arbeiter ist aber auf teure Importwaren angewiesen. Davon kann er sich immer noch weniger leisten als sein deutscher Kollege, also ist sein Wohlstand niedriger und er hat immer noch eine Motivation, sein Land zu verlassen.

      Meiner Ansicht nach sollte die EU Investitionen in Institutionen und Forschung viel stärker dezentralisieren und am besten verstärkt auf schwächere Mitgliedsstaaten verteilen. Subventionen für regionale Entwicklung, Tourismus etc. sind oft wenig nachhaltig. Wenn da aber z.B. mal eine kleinere EU-Behörde oder ein großes Forschungsinstitut in die zweitgrößte Stadt eines ehemaligen Ostblockstaates gepackt würde, zöge das wahrscheinlich langfristigere Effekte nach sich. Man muss ja nur mal sehen, was das jedes Mal für ein Schlag für die lokale Wirtschaft ist, wenn die Amerikaner eine Militärbasis schließen.

    2. Tarifkenner

      Matthias von Hellfeld wies ja darauf hin, dass dieser Vorschlag nicht von ihm stamme, sondern von Ökonomen. Soweit ich die Diskussion verfolgt habe, haben Ökonomen solche und ähnliche Modelle nicht als dauerhaft beste Lösungen vorgeschlagen, sondern als die am wenigsten schlechte Lösung für Euroländer IN EINER KRISENSITUATION, um diese Krise zu überwinden und mittelfristig wieder ganz normale Euro-Staaten mit einheitlicher Binnen- wie Außenwährung zu werden.
      Selbstverständlich hat auch diese Lösung Nachteile. Nach Einschätzung der Ökonomen sind diese aber kleiner als bei anderen Lösungen. Beispiel: Johannes weist darauf hin, dass diese Lösung dazu führt, dass italienische Arbeitnehmer sich weniger Importware leisten können. Stimmt. Aber wenn man Italien die Möglichkeit nimmt, durch Währungsabwertung wieder wettbewerbsfähiger zu werden, verliert der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz und steht noch schlechter da. Würde man die Lösung wählen, die Holger kurz als Alternative erwähnte (wenn ich richtig verstanden habe: ohne sie sich auf die Fahnen zu schreiben), nämlich dass Italien komplett in der Währungsunion bleibt aber die Löhne senkt, hätte der italienische Arbeitnehmer nicht nur das Problem, dass er sich keine Importe mehr leisten kann, seine Kaufkraft sänke auch hinsichtlich italienischer Produkte.
      Ich glaube, ein Problem war, dass Matthias von Hellfeld so klang, als solle sein Vorschlag als “Stein der Weisen” dauerhaft die jetzt existierende Währungsunion ersetzen.

  2. Theo T.

    für die 1000ste Folge hätte ich mir ne geile HörertreffenFolge gewünscht, mit Wein und Bier und allen regelmäßigen Gästen der Show – ein schönes Feuerwerk 5-6 Stundenfolge. Aber dann warte ich eben auf die Schnappszahlfolge in so circa einem Jahr. 🙂

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    1. Theo T.

      MOMENT: ALLES JUTE ZU 1000 Folgen und tausend Dank an dich und allen Gästen.

      Meine Lieblingsfolge ist wohl die mit Jamaika-Mike. À propos, haste noch Kontakt und nochmal Lust mit ihm ne Runde zu reden?

  3. Tarifkenner

    Matthas von Hellfeld scheint eine Europäische Republik vorzuschweben, welche die Europäische Union (EU) nicht ersetzt, sondern ein Kerneuropa innerhalb der EU. Dann kann aber die Europäische Republik keine Importsteuer auf Importe aus den anderen EU-Staaten verlangen, ohne dass man ein Kernelement der EU verletzen würde.

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    1. Tarifkenner

      @Matthias von Hellfeld
      Also soll die Gründung der Europäischen Republik de facto die Europäische Union auflösen? So hatte ich Sie nicht verstanden.
      Unter diesen Umständen hielte ich die Gründung einer Europäischen Republik für einen wirklich schweren Fehler.

  4. Matthias von Hellfeld

    sie bestehen nebeneinander, mit der Möglichkeit aus der Union in die Republik einzutreten. In der Republik herrschen aber andere Regeln, die über die der bestehenden EU hinausgehen. Diese “alte” EU ist in der Hauptsache der gemeinsame Binnenmarkt. In der EU gibt es keine harmonisierte Finanz- und Fiskalpolitik (wie in der Republik). Um „steuer- und abgabenvermeidende“ Firmen daran zu hindern, aus der „harmonisierten“ Republik in die EU zu „flüchten“, führt die Republik eine Importsteuer in Höhe der Ersparnis bei Steuern und Abgaben für Produktionen in der alten EU ein. Da die Republik ein „Staat“ ist, kann er solche Gesetze beschließen, ohne gegen irgendetwas zu verstoßen. Es geht insgesamt nicht um die Auflösung, sondern um die Festigung der europäischen Einigung und Integration.

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    1. Tarifkenner

      @Matthias von Hellfeld
      Vielen Dank für die Erläuterung.
      Das Problem liegt m.E. in Folgendem: Bislang können EU-Staaten keine Importsteuer auf Waren aus anderen EU-Staaten erheben. Es ist derzeit politisch gewollt, dass ein Wettbewerb auch zwischen den Mitgliedstaaten um die besten Rahmenbedingungen entsteht. Wenn jetzt der EU-Mitgliedstaat “Europäische Republik” auf einmal doch solche Importsteuern erheben darf, bedeutet das, dass die Warenverkehrsfreiheit zwischen “”Europäischer Republik” und “Rest-EU” nicht mehr – bzw. wesentlich schwächer – gilt. Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, dass das für die Rest-EU ein akzeptables Modell ist. Sollen dann eigentlich die Rest-EU-Staaten auch Importsteuern auf Waren aus der Europäischen Republik erheben dürfen, wenn letztere eine Steuervergünstigung (zB für mit erneuerbarer Energie hergestellte Produkte) gewährt?

  5. Martin

    “Italien hat keine Industriestruktur”
    Ich denke das ist ein sehr schiefes Bild der Medien.
    https://bdi.eu/artikel/news/italien-als-grosser-industriepartner/

    Zwecks Euro.
    Die Konstruktion des Euro ohne Ausgleich wie er in allen einheitlichen währungsräumen notwendig ist, zerreißt gerade die EU. (wie hängen das die imperien der Vergangenheit gelöst?)
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Finanzausgleich
    Da muss was geschehen. Ich vermag nicht zu sagen was, aber nix tun wird auf jeden Fall schlimm.
    Wenn Deutschland morgen aus dem Euro rausgehen würde, würden 2 Tage später die neue Währung 20-50% aufwerten. Das sind so die Produktivitätsunterschiede für Exportprodukte die der Euro übertüncht und diese Unterschiede im gleichen währungsraum gehen nicht.

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  6. Matthias von Hellfeld

    DIe Importsteuer wird nur dann erhoben, wenn es sich um Waren handelt, die in einem “Billigland” der EU hergestellt wurden und die herstellende Fima vorher die Republik Europa verlassen hat, um sich vor den dort erhobenen gleichen Steuern und Abgaben zu drücken. Ansonsten gibt es keine Steuern oder Handelshemmnisse zwischen EU und Republik

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    1. Tarifkenner

      Vielen Dank. Ja, das hatte ich auch so verstanden. Aber diese Einschränkung ist ein extrem wichtiger, ja: der entscheidende Punkt. Ihre Ausführungen in der Sendung behandeln m.E. zwei recht unterschiedliche Sachverhalte in einem Atemzug, einerseits nämlich ein Steuer-Dumping: Ein Mitgliedstaat gestaltet ein so extrem günstiges Steuerrecht, dass dieses für ihn nur deshalb nicht ruinös ist, weil er dadurch überproportional Besteuerungsgrundlagen aus anderen Mitgliedstaaten zu sich lockt. Das hat oft den Charakter eines Missbrauchs, insbesondere dann, wenn die international operierenden Konzerne gar nicht die Produktionsstätten in die Steueroasen verlegen, sondern nur mit verschiedenen Tricks die Buchwerte (zB bei einer Briefkastenfirma).
      Davon zu unterscheiden ist, dass ein Mitgliedstaat ein niedrigeres Lohn- und Sozialstaatsniveau hat UND DESHALB geringere Sozialabgaben erhebt. Wenn ein Unternehmen aus diesem Grund billiger in diesem “Billigland” produzieren kann und deshalb seine Produktionsstätten dorthin verlegt, ist dies nach dem Wesen des Binnenmarktes, der Warenverkehrs- und der Niederlassungsfreiheit absolut in Ordnung.
      Ich weiß, das sehen viele anders und vermutlich gehören Sie, lieber Herr von Hellfeld, dazu. Ich habe die Sendung mir noch einmal angehört: Sie beziehen die Importsteuer ausdrücklich auf niedrigere Steuern und Sozialabgaben und wollen in Ihrem Beispiel verhindern, dass Mercedes aus der Verlagerung eines Werks in ein Billiglohnland Preisvorteile für sein Produkt erzielt (44’09”).
      Ich möchte folgende Sichtweise dagegenhalten. In einer EU mit freiem Warenverkehr befinden sich die Mitgliedstaaten in einem Wettbewerb für die Ansiedlung für Arbeitsplätze. Viele reiche Länder wie Deutschland glänzen etwa durch besonders gut ausgebildete Arbeitskräfte. Mit dem Ausspielen dieses Vorteils Unternehmen ins Land zu holen, finden alle in Ordnung.
      Manche Länder haben als wesentlichen Vorteil zu bieten, dass ihr Lohnniveau niedrig ist. Wenn Unternehmen deshalb ihre Produktionsstätten verlegen, sehen das viele Menschen – vor allem in den reichen Ländern – als unmoralisch an. Ihre Konstruktion der Europäischen Republik und der Rest-EU würde es gezielt verhindern, dass sich eine Verlagerung eines Werks vom reichen Deutschland ins arme Rumänien aus diesem Grund noch lohnt (jedenfalls dann, wenn der Absatzmarkt vor allem in den reichen Ländern ist). Dagegen würde es sich für ein High-Tech-Start-up nach wie vor lohnen, seinen Sitz von einem armen Land der Rest-EU in die Europäische Republik zu verlagern, weil dort die Arbeitskräfte besser ausgebildet sind. Man verhindert also so, dass die armen Länder ihren genuinen Wettbewerbsvorteil ausspielen. Was man damit auch verhindert ist, dass die armen Länder vom Binnenmarkt profitieren und mit der Zeit das Wohlstandsniveau von “Kerneuropa” erreichen. Genau das ist nämlich vielen früheren Billigländern in und durch die EU gelungen.

  7. Peter

    Glückwunsch zur 1000!
    (Wenn ich die Kommentare hier sehe, war es aber wohl gut, dass ich mir die Europa-Reihe nicht angehört habe. Denn da kommt immer so viel makroökonomischer Unverstand zum Vorschein. Wie es richtig ginge, hat doch in WR097 schon Steffen erklärt. Ist wohl leider in Vergessenheit geraten.)

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