WR909 Sozialdemokratischer Problemfall Deutschlands

 

Gero Neugebauer ist Politikwissenschaftler, hat früher am OSI der FU-Berlin gearbeitet und sich dort intensiv mit der SPD befasst. Ich hatte Gelegenheit, ihn zu treffen und mit ihm über den aktuellen Zustand der Partei und über mögliche Auswege aus deren Dilemma zu reden.

19 Gedanken zu „WR909 Sozialdemokratischer Problemfall Deutschlands

  1. Christoph

    Tolles Gespräch!
    Ein Aspekt hat mir gefehlt: Die Rolle des linken Flügels der SPD:
    Vor Schröder hatte die SPD einen starken und sehr lebendigen linken Flügel, der die Brücke in das intellektuelle Milieu bildete und Grundsatzdiskussionen lostrat. Hier entstanden die Visionen der Partei. Dieser Flügel gab der SPD das Charisma.
    Dieser Flügel hat nach der Agenda 2010 die SPD unter Protest verlassen.
    Seitdem ist die SPD geistig ausgetrocknet.

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    1. Tarifkenner

      Charismatische SPD-Mitglieder mit Anschluss an das intellektuelle Milieu, die die Partei wegen der Agenda 2010 verlassen haben? Hmm. So spontan würde mir vielleicht Christoph Butterwegge einfallen. Oder an wen hattest Du da so gedacht?

  2. Thomas Fischer

    Sehr gutes Gespräch.

    Endlich einmal gut zusammengefasst wo und wie die SPD in der Politiklandschaff steht. Gerade der letzte Teil mit der Einordnung der Grünen war sehr aufschlussreich.

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  3. Tarifkenner

    Lieber Holgi, du beschreibst sehr anschaulich Dein persönliches “Agenda-2010-Trauma”. Du habest als Freiberufler Angst vor der Zukunft insbesondere vor Altersarmut gehabt. Meine Frage: Welches Element der Agenda 2010 hat denn die soziale Absicherung der Freiberufler verschlechtert?
    Ich kenne etliche Freiberufler, denen die Vorstellung, vielleicht doch mal in eine Festanstellung wechseln zu können, ein gewisses Sicherheitsgefühl verschafft. Diese Option dürfte realistischer sein, wenn die Arbeitlosenquote wie heute bei 5,5 % liegt, als wenn sie doppelt so hoch ist – so wie vor der Agenda 2010. Von daher hätte ich eher vermutet, dass das Sicherheitsgefühl der Freiberufler durch die Effekte der Agenda 2010 eher gestiegen ist. (Ja, man kann darüber diskutieren, ob die Reduktion der Arbeitslosenquote allein auf die Agenda zurückzuführen ist. Dass sie ihren Anteil daran hat, dürfte aber unstrittig sein.)

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    1. holgi Beitragsautor

      Ich bin überwiegend kein Freiberufler im herkömmlichen Sinne. Die ersten Jahre waren immer ziemlich kurz laufende Verträge und die öffentlich-rechtliche Rundfunk beschäftigt uns zwar “frei”, aber dennoch auf Lohnsteuerkarte, so dass ich gesetzlich Rentenversichert bin. Obendrauf kam dann noch eine Schlechterstellung bei ALG1, die viele Jahre dafür gesorgt hatte, dass ich zwar einzahlen durfte, aber niemals Leistungen hätte beziehen können. Vor dieser Politik war unsereins wesentlich besser abgesichert. “Die Unsicherheit hat weniger wehgetan”, hat mal eine Kollegin gesagt.

      Davon abgesehen: Jetzt habe ich all die Jahre gut verdient und konnte mich zusätzlich privat “versichern” – wenn ich mir aber KollegInnen mit weniger komfortablen Engagements ansehe, sehe ich Altersarmut. Von den ganzen Menschen im “Niedriglohnsektor”, aus dem man praktisch nicht mehr rauskommt, mal ganz abgesehen. Und auch wenn ich tendenziell konservativ bin, triggern diese Zustände meine solidarische Seele – daher der Hass auf die SPD, die diese Zustände nicht nur ohne Not herbeigeführt hat, sondern sie immer noch für alternativlos hält.

    2. Timo

      Das hat auch Angestellte und Arbeiter in Angst und Schrecken versetzt. Ich war damals noch ein Kind und verstehe das jetzt erst richtig. Durch unverschuldeten Jobverlust drohte im Prinzip der ganzen Familie der Verlust fast aller Ersparnisse. Man muss sich, falls man in Hartz4 rutscht einem unangnehmen Kontrollregime unterwerfen und komplett durchleuchten lassen. Das Selbstwertgefühl leidet schnell darunter. Man gilt dann als faul und muss sich ständig rechtfertigen weil man keinen Job findet. Die soziale Teilhabe leidet massiv wegen Geld-, Selbstwert-, und Statusgründen. Altersarmut droht. Vor allem wirkt sich das auf die soziale Teilhabe der Kinder und die Bildungsschancen der Kinder aus. Ich würde sagen einerseits indirekt weil schon bei drohendem Hartz4 Kinder spüren, dass etwas nicht in Ordnung ab. Am Ende verhindern natürlich auch niedrigen Sätze wirkliche soziale und kulturelle Teilhabe und ein Studium können die Eltern dann auch nicht mehr mitfinanzieren, wenn es die Kinder überhaupt zu einem Abi bringen. Meinem Vater blieb das dann erspart Hartz4 in Anspruch nehmen zu müssen. Die Jobs lagen dann aber eher im Niedriglohnsektor, der mit Hartz4 massiv ausgeweitet wurde.
      Wissenschaftlich ist tatsächlich umstritten, ob die Agenda wirklich einen Anteil an der Reduktion der Arbeitslosenquote hat.

    3. Bubul Sengul

      Die Agenda 2010 hat nicht nur Millionen Arbeitslose in prekäre Arbeitsverhältnisse getrieben, sondern auch Millionen ehemalige Vollzeitarbeiter. In diesem Land arbeiten mittlerweile nur noch ~17 Millionen Menschen Vollzeit, aber 3.5 Millionen müssen heute sogar zwei oder mehr Jobs machen, um über die Runden zu kommen.

      Eine Freundin war freiberufliche Texterin und hat damit lange gut verdient. Als es wegen der ganzen Clickworker immer schwieriger wurde, hat sie sich auf die Suche nach einem Job in einer Agentur gemacht – wie die ganzen arbeitslosen “irgendwas mit Medien”-Studenten. Wurde also nix. Andere Jobs auch nicht, macht alles schon jemand für 450 €.

      Die Arbeitslosenquote ist eine wertlose Zahl. Die Agenda 2010 hat einen gigantischen Pool von billigen Arbeitskräften geschaffen, um Deutschlands Wirtschaft vor alle anderen in der EU zu katapultieren und den “Exportweltmeister”-Titel zu halten. Darunter leiden wir alle.

    4. christian von praun

      “Arbeitlosenquote wie heute bei 5,5 % liegt, als wenn sie doppelt so hoch ist – so wie vor der Agenda 2010. Von daher hätte ich eher vermutet”

      Dadurch, dass man einen Arbeitslosen nicht mehr Arbeitslos nennt, hat er immer noch keinen ordentlichen Job von dem er komfortabel Leben kann.

    5. Knut

      “Dadurch, dass man einen Arbeitslosen nicht mehr Arbeitslos nennt, hat er immer noch keinen ordentlichen Job von dem er komfortabel Leben kann.”

      Der Witz dabei ist, dass man die Zahlen kennen könnte, wenn man denn wollte*:

      In der Statistik der BA taucht ein Teil der verschwiegenen Arbeitslosen unter dem Punkt “Unterbeschäftigung” auf. Im Januar 2019 waren das ohne Kurzarbeit knapp 3,3 Millionen Menschen, knapp 38 % mehr als die offiziell bejubelten 2,4 Millionen Arbeitslosen.

      Die Seltsamkeiten bei der Quote fangen auch schon damit an, dass diese in Relation zu allen “zivilen Erwerbspersonen” ausgewiesen wird. Dazu zählen aber bspw auch Beamte und Selbstständige, die von Arbeitslosigkeit in der Regel garnicht betroffen sein können.

      Dieses Vorgehen geht einzig auf das Interesse der Politiker zurück, niedrige Zahlen als scheinbaren Erfolg ihrer Politik zu präsentieren, klassische Volksverdummung eben.
      Das kann man der Politik leider nicht einmal vorwerfen, der eigentliche Skandal besteht ja darin, dass die Medien, die solchen Beschiss eigentlich aufdecken müssen, überwiegend untätig bleiben und damit den Beschiss erst möglich machen.

      Es gibt auch noch andere interessante Zahlen, so bspw die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (sprich Arbeitslose) allein im Rechtskreis des SGB2: 4.007.000
      Geringfügig entlohnte Beschäftigte, d.h. 450-Euro-Jobber (Stand November 2018): 7.580.000, davon ausschliesslich geringfügig entlohnt 4.651.100.

      Und selbst die Kenntnis der genauen Zahlen sagt wenig aus. Viel aufschlussreicher ist das tatsächliche Arbeitsvolumen in Deutschland und das liegt seit der Wiedervereinigung bis heute bei knapp 60 Milliarden Stunden im Jahr.

      Die tatsächlich geleistete Arbeit wird heute also lediglich unter mehr Menschen aufgeteilt, seit der Agenda überwiegend im Mini- und Niedriglohnbereich.

      * https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201901/arbeitsmarktberichte/monatsbericht-monatsbericht/monatsbericht-d-0-201901-pdf.pdf

    6. Knut

      “Dass das tatsächliche Arbeitsvolumen in Deutschland – gemessen in Arbeitsstunden pro Jahr – seit der Wiedervereinigung konstant geblieben sei und die Arbeit lediglich auf mehr Menschen verteilt worden wäre , stimmt nicht.”

      @Tarifkenner

      Stimmt nicht? Schauen wir doch mal:

      1991 lag das Arbeitsvolumen in Deutschland bei 60,261Mrd Stunden, 2017 bei 59,965 Mrd Stunden.

      Gleichzeitig ist die Zahl der Beschäftigten von 38,8 Mio 1991 auf 44,3 Mio 2017 gestiegen, ein Zuwachs von rund 12,4 %.

      Dazu auch eine ganz leicht zu verstehende Grafik aus den Daten des Statistischen Bundesamts: http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Arbeitsmarkt/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIV4.pdf

      Was stimmt da also nicht?

    7. Tarifkenner

      @Knut.
      Die von Dir verlinkte Grafik zeigt deutlich, dass das Gesamtvolumen der geleisteten Arbeitsstunden von 1991 bis 2004/05 (Das Gesetz “Hartz IV” trat am 1.1.05 in Kraft) um rund 5 Milliarden zurückgegangen ist. Ab diesem Zeitpunkt ist die Zahl der Arbeitsstunden unter dem Einfluss der Agenda wieder deutlich angestiegen. Von daher ist der Effekt *der Agenda 2010* eben nicht, dass das Arbeitsvolumen gleich geblieben ist und nur auf mehr Menschen verteilt wurde, sondern das tatsächlich mehr Arbeitsstunden erbracht werden.
      Dass die heutige Zahl des Gesamtarbeitsvolumens ungefähr mit der von 1991 übereinstimmt würde ich nicht überbewerten. 1991 haben noch viele Menschen im Beitrittsgebiet in Betrieben gearbeitet, die in einer Marktwirtschaft absolut nicht überlebensfähig waren. Die DDR vermied Arbeitslosigkeit eben so, dass völlig unwirtschaftlich Personal eingesetzt wurde, z.B. in den Museen in jedem Saal ein Wärter war.

    8. Knut

      “Von daher ist der Effekt *der Agenda 2010* eben nicht, dass das Arbeitsvolumen gleich geblieben ist und nur auf mehr Menschen verteilt wurde, ..”

      @Tarifkenner

      Ich sehe nicht, wie du da begründet widersprechen willst.

      Auch wenn man nur den Zeitraum seit 2005 betrachtet, bestätigt das meine Aussage:

      Die Arbeitsstunden stiegen von 55,5 Milliarden in 2005 auf 59,9 Milliarden in 2017, eine Zunahme von etwa 7,9 %.

      Die Zahl der Erwerbstätigen stieg von 39,3 Millionen in 2005 auf 44,3 Millionen in 2017, eine Zunahme von etwa 12,7 %.

      Der Anstieg des Arbeitsvolumens bleibt also deutlich hinter dem Anstieg der Erwerbstätigen zurück und das bedeutet eben, dass die Arbeit nur auf mehr Schultern verteilt wird.

      Im übrigen sagte ich nicht, dass das Arbeitsvolumen über den ganzen Zeitraum 1991-2017 konstant geblieben wäre. Das es da konjunkturelle Schwankungen gab, ist doch selbstverständlich.

      Während jedoch bis 2004 die Zahl der Erwerbstätigen in etwa mit den Schwankungen der Arbeitsstunden korreliert, ging es ab 2005 mit Umsetzung der Agenda bei der Zahl der Erwerbstätigen nur noch bergauf, selbst beim Rückgang der Arbeitsstunden 2008-2009 oder 2011-2013.

      “Die DDR vermied Arbeitslosigkeit eben so, dass völlig unwirtschaftlich Personal eingesetzt wurde, z.B. in den Museen in jedem Saal ein Wärter war.”

      Meine Erfahrung mit der DDR war eher so, dass in den Betrieben ständig Arbeitskräfte fehlten, besonders dramatisch ab 1989. Die von dir beschriebenen Museen kenne ich daher auch anders, aber seis drum, ich staune auch so schon von Jahr zu Jahr mehr, wie wir in der DDR angeblich gelebt haben sollen ..

    9. Tarifkenner

      @knut
      “Die Arbeitsstunden stiegen von 55,5 Milliarden in 2005 auf 59,9 Milliarden in 2017, eine Zunahme von etwa 7,9 %. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg von 39,3 Millionen in 2005 auf 44,3 Millionen in 2017, eine Zunahme von etwa 12,7 %. Der Anstieg des Arbeitsvolumens bleibt also deutlich hinter dem Anstieg der Erwerbstätigen zurück und das bedeutet eben, dass die Arbeit nur auf mehr Schultern verteilt wird.”

      Vielleicht liegt es daran, dass Du unter “nur” etwas anderes verstehst als ich. Ich verstehe “nur” so: A liegt nur an B. Das bedeutet: B ist allein verantwortlich für A. C, D und E haben an A nicht mitgewirkt.
      Wenn das Arbeitsvolumen um 7,9 Prozent steigt und die Zahl der Beschäftigten auch um 7,9 Prozent, liegt der Beschäftigtenzuwachs nur am Arbeitsvolumenzuwachs. Denn die Stunden, die ein durchschnittlicher Beschäftigter leistet bleibt gleich
      Wenn das Arbeitsvolumen um 7,9 Prozent steigt und die Zahl der Beschäftigten um 12,7 bedeutet das: Der Beschäftigtenzuwachs liegt nicht allein am Arbeitsvolumenzuwachs sondern AUCH an einer stärkeren Verteilung. Falsch wäre es aber, zu behaupten, dass der Beschäftigtenzuwachs NUR an einer stärkeren Verteilung liegt. Letzteres ist Deine Behauptung. Sie träfe zu, wenn das Arbeitsvolumen konstant bliebe und die Zahl der Beschäftigten stiege.

      “Im übrigen sagte ich nicht, dass das Arbeitsvolumen über den ganzen Zeitraum 1991-2017 konstant geblieben wäre.” Man kann nachlesen, was Du gesagt hast: “das tatsächliche Arbeitsvolumen in Deutschland (…) liegt seit der Wiedervereinigung bis heute bei knapp 60 Milliarden Stunden im Jahr.” Auch hier scheinen wir die Alltagssprache unterschiedlich zu verwenden.

      “Das es da konjunkturelle Schwankungen gab, ist doch selbstverständlich.”
      Das BIP ist von 1990 bis 2002 – mit der Ausnahme eines Jahres – real gewachsen. Das Arbeitsvolumen ist in dieser Zeit erheblich gesunken.
      https://www.nachhaltig-links.de/index.php/kritik-am-wachstum/395-wachstumskritik-oder-sozial-oekologischer-umbau (Zweite Grafik)
      Dieses Sinken kann man also nicht mit Konjunkturschwankungen begründen.

      “Meine Erfahrung mit der DDR war eher so, dass in den Betrieben ständig Arbeitskräfte fehlten, besonders dramatisch ab 1989.”
      Hm. Könnte das vielleicht damit zusammenhängen, dass die DDR-Bürger 1989 plötzlich in die Bundesrepublik ausreisen konnten, ohne dass sie von den Soldaten des Arbeiter- und Bauernparadises erschossen wurden?
      Im Übrigen schließen sich unwirtschaftlicher Personaleinsatz und Mangel an Arbeitskräften nicht aus. Es gab noch 1990 Ziegeleien in der DDR, in denen Arbeiter jeden einzelne Ziegel fertigten, in dem sie einen Tonklumpen in eine Holzform drückten und mit einem Holzstab den überschießenden Ton abzogen – also wie vor 8000 Jahren in Mesopotamien. Eine Volkswirtschaft, die so produziert, hat Arbeit ohne Ende.

    10. Knut

      @Tarifkenner

      “Falsch wäre es aber, zu behaupten, dass der Beschäftigtenzuwachs NUR an einer stärkeren Verteilung liegt. Letzteres ist Deine Behauptung. Sie träfe zu, wenn das Arbeitsvolumen konstant bliebe und die Zahl der Beschäftigten stiege.”

      Ähm, ja ..

      Das Arbeitsvolumen ist 2017 fast das gleiche wie 1991 (genauer sogar minimal gesunken), die Zahl der Beschäftigten ist dagegen deutlich gestiegen.
      Was wirfst du mir jetzt vor?

      “Es gab noch 1990 Ziegeleien in der DDR, in denen Arbeiter jeden einzelne Ziegel fertigten, in dem sie einen Tonklumpen in eine Holzform drückten und mit einem Holzstab den überschießenden Ton abzogen – also wie vor 8000 Jahren in Mesopotamien.”

      Vermutlich statt der Beschwörungen an Baal unter Absingen des kommunistischen Manifests..

      Was soll das?

  4. Tarifkenner

    @christian von praun und @knut
    Ich stimme ausdrücklich zu, dass man immer kritisch prüfen sollte, ob der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit evtl. als ein Kampf gegen die Statistik geführt wird. Die Behauptung, dass die Halbierung der Arbeitslosequote in Deutschland seit der Agenda 2010 durch “statistische Tricks” erzielt sei, wäre aber nur dann richtig, wenn diese seit der Agenda-Politik in stärkerem Maße eingesetzt worden wären als zuvor. Dafür sehe ich keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil hat die Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zu einer deutlichen Erhöhung der Arbeitslosenzahl geführt, weil man früher auch Sozialhilfe beziehen konnte, ohne arbeitslos gemeldet zu sein.

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    1. Knut

      “Die Behauptung, dass die Halbierung der Arbeitslosequote in Deutschland seit der Agenda 2010 durch “statistische Tricks” erzielt sei, wäre aber nur dann richtig, wenn diese seit der Agenda-Politik in stärkerem Maße eingesetzt worden wären als zuvor. Dafür sehe ich keine Anhaltspunkte.”

      @Tarifkenner

      Was die BA wie berechnet und welche Personengruppen in die offizielle Arbeitslosenquote einfließen oder eben nicht, erklärt die BA freundlicherweise selbst:

      https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Grundlagen/Glossare/Generische-Publikationen/Gesamtglossar.pdf
      https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Grundlagen/Arbeitslosigkeit-Unterbeschaeftigung/Arbeitslosigkeit-Nav.html
      https://statistik.arbeitsagentur.de/nn_361178/Statischer-Content/Grundlagen/Arbeitslosigkeit-Unterbeschaeftigung/Unterbeschaeftigung.html

      Etliche Kriterien, nach denen Arbeitslose nicht in die offizielle Quote einfließen, gibt es erst seit Einführung der Hartz “Reformen”, die können also erst seitdem zum Bescheissen herangezogen werden.

      Das die offizielle Arbeitslosenquote “geschönt” oder umgangssprachlich “Beschiss” ist, wird niemand ernsthaft bestreiten wollen, und einzig darum ging es in diesem Zusammenhang.

  5. Alekto

    Die SPD vergleiche ich gern mit den Democrats in den USA. Beide können sich dem Sog des Kapitals nicht entziehen und verlieren immer mehr ihr ursprüngliches Profil und damit deren Wähler. Anders als bei uns gibt es in Amerika aber kein Mehrparteiensystem, dass die Dems zu einem sehr inkohärenten (mit teils untereinander verfeindeten Parteien) Sammelbecken macht, die es immer geben wird. Bei uns dagegen könnte die SPD also einfach immer weiter Mitglieder verlieren, während andere Parteien aus unterschiedl. Gründen ihre Wähler aufnehmen. Wäre nicht schade drum.

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