WR597 Winston Churchill

 

wrint_geschichtsunterricht_120Die meisten kennen den britischen Premierminister Winston Churchill als denjenigen, der an der Niederschlagung des Deutschen Reichs im Zweiten Weltkrieg beteiligt war. Allerdings hatte Churchill auch schon sehr früh ein paar wegweisende Ideen in Bezug auf Europa. Matthias von Hellfeld erzählt.

Die hierzu passende Ausgabe von DRadio Wissen „Eine Stunde History“ ist vom 18.9.2016.

6 Gedanken zu „WR597 Winston Churchill

  1. tp1024

    Was leider völlig fehlte war die Kleinigkeit, dass Churchill ein elitäres, imperialistisches und zu tiefst rassistisches Arschloch war.

    Mit einem Satz: “Starvation of anyhow underfed Bengalis is less serious than that of sturdy Greeks” hat er es geschafft etwa 3 Millionen seiner britischen Untertanen zum Hungertod zu verurteilen.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Bengal_famine_of_1943

    Das “anyhow” ist dabei Programm. Für ihn war es normal, dass die Leute in den britischen Kolonien halt unterernährt sind. Es war auch nicht die erste Hungersnot in den britischen Kronkolonien und nur deswegen eine der letzten, weil sich die Opfer der englischen Imperialpolitik die Freiheit erkämpft haben. Seit ich davon weiß, konnte ich mir auch erklären, warum ein Nachbar aus Bangladesh einmal mit Hitlergruß vor mir Stand und die Wehrmacht bewunderte. Die Verhältnisse waren einfach so schlimm, dass jeder der gegen die Briten kämpfte schonmal so falsch nicht liegen konnte – aus deren Perspektive.

    Man muss wirklich ernsthaft anstrengen, um ein paar ehemalige britische Kolonien zu finden, in denen es den Ureinwohnern der Kolonie heute gut geht. Ostafrika war fast vollständig in britischer Hand und heute wie damals verarmt. In Australien und Kanada(*) fällt es nicht auf, weil die Ureinwohner in einer krassen Minderheit sind. Die einzigen Ausnahmen sind Malaysia, Hongkong, Singapur und vielleicht noch ein paar kleine Karibikinseln.

    (*)http://www.macleans.ca/politics/the-north-and-the-great-canadian-lie/

    Nichts davon war irgendwie niedlich. Es war ein brutales Imperium, das Menschen auf der ganzen Welt drangsalierte, ausnutzte und verarmte. Churchill hat sich damit voll identifiziert und diese Menschen die keine Engländer waren aus rein rassistischen Gründen verachtet. Das wird gerne ausgeblendet, weil zufällig noch zwei größere Arschlöcher in Europa herrschten. Aber das macht Churchill nicht zu einem in irgendeiner Weise akzeptablen Menschen. Er war ein ekelhafter Rassist, auch nach den gewöhnlichen Standards der 1940er Jahre. Ganz ähnliches gilt übrigens auch für die französische Politik jener Zeit.

    Es ist nicht so, dass sich die Völker der Kolonien jener Länder, die sich im zweiten Weltkrieg wohlfeil als “die freie Welt” bezeichnet haben, beim ersten Anzeichen von Schwäche von ihren Unterdrückern am anderen Ende der Welt befreit haben. Egal ob es England, Frankreich, die Niederlande oder Belgien waren. (Spanien und Portugal nahmen im zweiten Weltkrieg nicht teil, deren Kolonie folgten aber bald nach dem Ende von deren faschistischen Regierungen.)

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    1. malefue

      In Schottland ist Churchill bei älteren Generationen auch nicht besonders gut gelitten, weil er Unabgängigkeitsbestrebungen und Arbeiterstreiks zwischen und nach den Kriegen bereit war mit Gewalt zu ersticken. “Fear of a bolshevist uprising” usw…

    2. Tristan A. Kellermann

      Wenn man als Angehöriger der Killerweltmeisternation über die Untaten des fünftplazierten Tunichtguts meckert, hat das einen leichten revanchistischen Beigeschmack.
      Zumal uns der fiese Churchchill davor bewahrt hat, nochmehr zu Unschuldige zu töten. Wenn wir mal flüchtig überschlagen, haben wir 6 Millionen Juden und 20-30 Millionen Slawen umgebracht. Es waren gegen Ende des Krieges noch locker 30 Millionen Polen übrig, die wir ohne englische Intervention alle ermordet hätten. Churchill mag zwar 3 Millionen Bengalen getötet haben, aber er hat mindestens 10mal mehr Leute gerettet.

      Ich gebe dir ja recht, unter moralischen Gesichtspunkteten gehören heute Leute aus dem 19. Jahrhundert in einen Zoo. Aber wenigstens haben die fiesen Engländer und Franzosen nicht ihre gute Kinderstube vergessen und versucht, gleich alle anderen Völker der Erde auszurotten.

      Oder biste lediglich sauer, dass der Tommy unser schönes damaliges Reich das Klo der Geschichte runter gespült hat?
      Dann nehme ich alles zurück und nix für ungut.

    3. tp1024

      Es gehört auch zu guten Kinderstube, dass man nicht hunderte Millionen Leute erst militärisch unterwirft, sich zu deren Kaiser ernennt und sie dann im Hungertod elend verrecken lässt. Ist zumindest bei mir so. Es war nur die letzte von vielen solcher Vorkommnisse und das auch nur in einer einzigen der britischen Kolonien. In den anderen kommen ebenso immer wieder ein paar Millionen Tote zusammen. Menschen die verhungernd zusammenbrachen, während sich britische Beamte über die Unverschämtheit der ausgezehrten und völlig entkräfteten Inder beschwerten, nicht zu arbeiten (und ihnen deshalb das Essen verweigerten).

      https://en.wikipedia.org/wiki/Timeline_of_major_famines_in_India_during_British_rule

      Irland hat sich 1916, als Großbritannien sich im 1. Weltkrieg verausgabte, aus genau dem gleichen Grund schon die Freiheit erkämpft – dort verhungerten 1848 eine Million Iren, weil die Regierung von “Viktoria der Britischen Königin über England und Irland, Kaiserin von Indien” so hoffte, dass sie damit die unwürdigen und schwachen auf natürliche Weise los würden. Es war Sozialdarwinismus in seiner brutalsten Reinstform.

      Ähnliches gab es auch im Rest Europas. König Leopold II von Belgien hat mal eben 10 Millionen Menschen auf seinem Gewissen, die einmal in seinem Privatbesitz – dem Land das wir heute Kongo nennen – zu nichts weiter als seiner persönlichen(!) Bereicherung zu Tode malträtiert wurden.

      Die Verbrechen der Europäer in der ganzen Welt während des 19. und 20. Jahrhunderts sind viel zu viele um sie alle aufzuzählen.

      Das entschuldigt niemanden.

      Aber es liefert sehr gute Gründe, diese Leute nicht zu großen Staatsmännern oder gar Vorbildern zu stilisieren, sondern sie in genau den historischen Zoo zu stecken, in den sie selbst deiner Meinung nach gehören.

      Am Ende will ich nämlich in einer Welt leben, in der sich nicht nur die Verbrechen der Deutschen nicht wiederholen, sondern die Verbrechen aller anderen Länder der Welt auch nicht.

  2. blub

    Schöner überblick. Hat mir gut gefallen.
    Wer sich da weiter vertiefen will dem sei Gretchen Rubins Buch: “Forty Ways to Look at Winston Churchill” empfohlen. Das is ne synthese aus verschiedenen churchill biografien und gibt einen Überblick aus vielen Blickwinkeln.

    zum Lufkrieg über England sei noch gesagt das da noch einige Polen und Tschechen mitspielten, sonst wär das nicht gut aus gegangen für die Briten. Überhaupt hatten die mehrfach so richtig Glück.

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