Alexandra Tobor stammt aus Polen und war gerade in Polen und hat über Polen zu berichten. Da dachte ich, wenn ich sowieso schon ihre Nummer habe, kann ich ja auch mal anrufen und mir berichten lassen. Sie erzählt von Zakopane, den Karpaten, der hohen Tatra, Krakau, Kattowitz, Oppeln, der Transformation, den Kaczinski–Brüdern, Andrzej Stasiuk, über die Negerpuppe, Czeslaw Milosz, Chopin, Marie Curie, Lech Walesa, den Wawel, benevolenten Sexismus, Erving Goffman, die heilige Wilgefortis, Mütter, Homosexualität, Frömmigkeit und reichlich mehr (was ich aber wieder mal nicht mitgeschrieben habe).
Ob es in Polen unterschiede zwischen Ost und West gibt? Ja, und zwar ganz erstaunliche:
http://strangemaps.wordpress.com/2008/12/15/348-an-imperial-palimpsest-on-polands-electoral-map/
Zumindest in den Wahlergebnissen der Wahl von 2007 findet man sehr leicht die Grenzen des alten Ostpreussens wieder. Inwieweit das mit den Einstellungen der Bevölkerung zu tun hat, kann ich nicht beurteilen. Aber die Karte ist mir im Kopf geblieben.
Wie? Die Deutschen haben keine slawischen Wurzeln?
Und was ist mit den Sorben in der Lausitz? Zählen die nicht zu den Deutschen? OK, sie sind eine Minderheit, aber dennoch.
Eigentlich bin ich ein wenig stolz drauf, dass wir nicht “nur” “Westen” sind. Ich war immer der Meinung, dass die Grenze zwischen Ost und West durch Deutschland läuft. Nicht nur territorial, wie im kalten Krieg, sondern generell auch kulturell.
Außerdem stamm die Preußen, also die Prußen, aus dem Baltikum und die gleiche Landschaft dürfte ja dann auch sie auf ähnliche Weise geprägt haben: http://de.wikipedia.org/wiki/Pru%C3%9Fen .
Das viele in Deutschland sich lieber zum “Westen” zählen stimmt sicher auch. Ich bin da wohl eher eine Ausnahme. Dennoch ist für mich Deutschland nicht Westeuropa sondern Mitteleuropa, territorial und kulturell.
Gruß
BrEin
Ach ja, was ich vergessen habe, das Ländliche:
Dein Eindruck, das Deutschland sehr urban und Polen außerordentlich ländlich ist. Das kommt davon wenn man in Augsburg (oder wo Du wohnst) wohnt. 😉 Mach mal Urlaub in Brandenburg liebe Alexa. xD
Gruß
Fabian
Ach menno, auch der Link zu den Sorben ist untergegangen: http://de.wikipedia.org/wiki/Sorben .
Zum Thema Negerpüppchen:
Ich war ja erst erstaunt, als Alexa die Verwendung des Wortes “Neger” verteidigte und dies mit dem kulturellen Hintergrund erklärte. Vor allem war ich erstaunt, das Holgi ihr dann noch zustimmte, sagte er ja nicht vor all zu langer Zeit, dass die Verwendung dieses Wortes immer negativ konnotiert sei und es immer als Beleidigung zu verstehen ist. So kam es mir in Gespräch rüber.
Nachdem ich den Blogeintrag von Alexa dazu gelesen hatte, verstand ich erst was Ihr meintet.
Hier und Heute ist dieser Begriff immer als negativ zu verstehen. Und man kann die Verwendung nicht verargumentieren mit “Ich aber meine doch…”. *Damals* und *dort* im Polen vor der Wende hat diese Verwendung tatsächlich einen anderen Hintergrund, einen exotischen eben.
Danke für die Aufklärung Alexa.
Nur frage ich mich, ob man dann wirklich so erbost über die elitäre Linke, die die Verwendung kritisiert, schimpfen muss. Gut, sie tun so aufgeklärt, und sind es wohl nicht. Aber kannst Du ihnen vorwerfen, dass sie nicht wissen, wie es in einem anderen Land, zu einer anderen Zeit war?
Gut, sie könnten sich informieren oder nachfragen, aber taten sie das nicht, indem sie dich anschrieben?
Gruß
Fabian
Vor allem wunderte es mich, da Holger in einem frühen NSFW (Aufgrund fehlender Shownotes finde ich es gerade nicht mehr) Tim sehr eindeutig ins Gewissen geredet hat, dass Holgi ausschließlich (!) ‘N-Wort’ sagt, weil jede Benutzung des Wort schlecht ist, und jeder der das Wort “Neger” für reproduziert, gar nichts kapiert hat.
Joa. Und weil ich nicht so blöd bin, auf meiner Meinung zu beharren, wenn ich gute oder neue Argumente höre, gestatte ich mir, meine Meinung gelegentlich zu ändern. Ich war auch mal bedingungslos gegen Atomkraft und bin mir heute nicht mehr sicher, ob das so klug war.
@kraeuterzucker Genau die Folge meinte ich auch.
@Holgi
Ich habe Dir das doch nicht vorgeworfen. Ich hatte deinen Standpunkt sogar anders verstanden.
Ich hatte ja geschrieben, dass ich dachte Du trenntest zwischen der historischen und der heuten Verwendung.
Das sich deine Meinung geändert hatte, werfe ich Dir doch gar nicht vor. Wer bin ich denn? Ich würde Dir niemals vorwerfen blöd zu sein, nur weil Du deine Meinung änderst, das begrüße ich sogar generell.
Aber rausgehört, dass sich deine Meinung nach der Erläuterung von Alexa geändert hat, nun, das habe ich auch nicht.
Wenn man das kurz kenntlich macht, vermeidet man sicher solche Irritationen.
Meine hatte sich ja, dank Alexandra, auch geändert.
Gruß
Fabian
Äh, arg. Shownotes? :O
Stettin liegt an der Oder, nicht an der Elbe. Danke.
Das war irgendwie nicht der Punkt den Holgi machen wollte. Er suchte etwas topologisches, dass Polen kulturell trennen könnte und da passt auch auch die Oder als Grenzfluss nicht.
In diesem Zusammenhang ist es doch vollkommen egal, welchen Fluss Holgi nennt, der eh nicht mitten durch Polen fließt.
Eher würde die Weichsel passen: http://de.wikipedia.org/wiki/Weichsel
Gruß
BrEin
Mit Verlaub: Mir ist klar, dass es in dem Zusammenhang um eine irgendwie geartete Grenze ging, aber da beide unsicher waren, habe ich es halt korrigiert. Ist doch gar nicht so schlimm, oder?
Das nicht, aber der rotzige Klugscheißerton, den ich so vernahm.
„Rotziger Klugscheißerton“ – sag’ mal, was ist denn hier bloß los?
Ich kann da bei bestem Willen keinen “rotzigen Klugscheißerton” erkennen, dafür sind da schon viel zu wenige Wörter in dem Kommentar. Immer locker bleiben, es ist nur das Internet.
Kölsch-Katholisch. Wir lassen die Messe weg und gehen direkt zum Frühschoppen!
Mein Verständnis der Geschichte Polens wurde (vor einigen Jahren schon) massgeblich durch James A. Micheners Geschichtsroman Poland (auf deutsch “Mazurka”) geprägt. Wer Micheners Art Geschichte zu vermitteln mag, dem sei das Buch sehr ans Herz gelegt – es beschreibt sehr eindrücklich die wechselhafte Geschichte dieses so gebeutelten Volkesund Landes.
Schönes Gespräch, sehr interessant. Viele Parallelen schon auch zu Landgemeinden in Oberösterreich. Danke euch beiden. Eines der Gespräche, das man jedem weitererzählt, den man trifft.
Wahnsinnig spannende Folge, viel davon hat Alex ja schon in einigen Wrintheitsfolgen angesprochen, aber in dieser zusammenhängenden Form setzt sich viel zu Erkenntnis zusammen. Danke dafür!
Westmusik/Fernsehen war nicht illegal in der DDR. Man erinnere sich an die 60:40 Regelung in Diskotheken, die das Verhältnis von Ost- zu Westmusik vorschrieb.
PS: nicht zu vergessen die Lizenpressungen von Platten diverser “West-Bands”.
@Alexandra: Du hast offenbar noch keine polnischen Fussballfans (außerhalb Polens) erlebt. Von stiller Zurückhaltung kann da gar keine Rede sein. Und das ist auch gut so!
Über polnische Filme würde Ich gerne mehr erfahren. Hatte schon großen Gefallen an den Filmen “Das Messer im Wasser” und “Der Zufall möglicherweise” gefunden, wobei Ich letzteren tatsächlich nur schwer inhaltlich verstehen konnte. Dafür sind beide Filme ausgesprochen stark in ihrer Ästhetik und Atmosphäre!
@Alexandra: Dein Jein auf die Frage über die polnische Stasi hat mich etwas verwundert, das kann aber auch an deinem Alter oder Interessen liegen. Eine polnische Stasi gab es natuerlich, die SB http://de.wikipedia.org/wiki/S%C5%82u%C5%BCba_Bezpiecze%C5%84stwa also den Sicherheitsdienst. Bekanntestes Opfer ist der Pfarrer Popieluszko, welcher wegen seiner antikommunistischen Arbeit gefoltert und ermordet wurde. Auch sonst waren diese Herren gegenüber “Staatsfeinden” oder “Staatsflüchtlingen” nicht gerade zimperlich.
Die Begebenheiten um Popieluszko wurden auch von Agnieszka Holland im Film “Der Priestermord” wiedergegeben.
So kommen wir auch zu bekannten Polnischen Filmemachern wie Andrzej Wajda, Krzysztof Kieslowski oder Roman Polanski.
@onny Ich glaube nicht das man unbedingt Pole sein muss um deren Filme zu verstehen. Manche sind aber schon harte Kost.
@holgi Für ca. 30 EUR gibt es ein Brandenburg-Berlin-Ticket bei der Bahn damit kann man mit 5 Personen ab Berlin nach Stettin und wieder zurück. Züge verkehren ca. alle 2 Stunden bei 2 Stunden Fahrzeit. Das waere dochmal eine Möglichkeit dir ein neues Bild von Szczecin zu machen und die “Polen” besser kennenzulernen.
iras
Leider wird oft nur über die alten Herren des polnischen Films gesprochen, die teilweise seit Jahrzehnten nicht mehr in Polen leben oder arbeiten. Es wäre interessant zu wissen, welche jüngeren Produktionen sehenswert sind.
Alexandra, hast du zufällig ein paar Beispiele für gut ins Deutsche (oder Englische) übersetzte, polnische Literatur? Texte, die in die eigenständige Kategorie fallen, die du so gelobt hast (deinen genauen Wortlaut kann ich dir leider nicht mehr nennen, weil ich die entsprechende Stelle nicht mehr finde)? Du hast mich an der Stelle neugierig gemacht.
@disgo Hier ein paar tips, die ich von polnischen Bekannten auf eine ähnliche Frage bekommen habe.
Habe die Filme selbst noch nicht gesehen, diese haben in Polen aber einige Preise eingestrichen.
Du bist Gott / Jesteś Bogiem Regie: Leszek Dawid (Läuft vereinzelt sogar in Deutschen Kinos)
Rose / Róza Regie: Wojciech Smarzowski
Eine Hochzeit und andere Kuriositäten / Wesele Regie: Wojciech Smarzowski
Das war wieder eine sehr interessante Folge, bei der man viel über Polen lernen konnte, meinetwegen hätte es noch eine Weile weitergehen können. An polnischen Filmen/Regisseuren fällt mir eigentlich auch nur Roman Polanski ein, weiß aber nicht ob das noch als polnischer Film zählt. Wäre schön, wenn Ihr noch einmal eine Folge über polnische Musik, Filme, Bücher etc. machen könntet.
Moin!
Ich hab mich sehr auf das hören dieser Folge gefreut aber hatte dann doch keine Freude daran. Was mir wirklich nicht gefällt ist wenn Alexandra ewig so hochtrabend mit vielen Fremdwörtern spricht. Ihr habt ja nicht nur studierte Hipsters als Hörer sondern auch normale Arbeiter wie mich. Es macht mir keinen Spass wenn ich während des hören ewig überlegen muss was sie da sagt.
Aber ein interessanter Eindruck von Polen das ich selber nur als Kind mal auf einem Polenmarkt gesehn habe. Vieles hat mich auch an die damals noch DDR erinnert, da war ich oft. Ich bin ca. 10Km von der deutsch/deutschen Grenze aufgewachsen.
MfG
Uli