WR1020 Die AWO

 

Im Dezember 1919 wurde die Arbeiterwohlfahrt gegründet. Matthias von Hellfeld erzählt.

Die passende Ausgabe “Eine Stunde History” läuft am 2. Dezember 2019 auf DLFnova.

2 Gedanken zu „WR1020 Die AWO

  1. Smith

    Ein Kommentar zur AWO als Arbeitgeber.
    Ich habe nur Erfahrungen aus dem familiären Umfeld. Hier arbeitet Jemand als regulär Angestellte/r in einem der Sozialkaufhäuser der AWO. Dort werden gespendete Möbel etc. an Bedürftige verkauft. (Jedenfalls meistens)
    Die Arbeitsbedingungen sind unterstes Niveau. Jedenfalls in der einen Einrichtung in die ich einen kleinen Einblick habe.
    1.Es wird nur Mindestlohn gezahlt. Als Gemeinnützige Institution ist halt vielleicht auch nicht mehr Geld da.
    2. Es wird ein enormer Druck beim Arbeiten gemacht und die Angestellten gegeneinander aufgewiegelt, sodass diese nicht geschlossen zusammenstehen.
    3. Es wird zu “ehrenamtlicher” Tätigkeit gedrängt um an verkaufsoffenen Sonntagen und z.B. Adventswochenenden außerhalb der eigentlichen Arbeitszeiten kostenlos zu arbeiten. Mit etwas Glück gibt es einen Einkaufsgutschein für das Sozialkaufhaus.
    4. Überstunden können kaum abgebaut werden und verfallen am Ende des Jahres. Ich bin mir nicht sicher ob dies den gesetzlichen Regelungen entspricht.

    Es gibt noch ein paar weitere Punkte. Aber für einen Überblick reicht es glaube ich.

    Ich hoffe, dass die Zustände nicht in allen Einrichtungen der AWO so sind.
    Zum Schutz der Angestellten /des Angestellten schreibe ich keine genaueren Informationen zur Person oder Ort. Mit spontanen Kündigungen hat man dort nämlich auch kein Problem.

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  2. Tobi

    Hallo Holgi, hallo Matthias,
    danke für den schönen Podcast! Wie Matthias schon sagt, sind die Leute die dort arbeiten das Rückgrat der Gesellschaft und verdienen höchsten Respekt – insbesondere, weil die Arbeit oft im verborgenen stattfindet. Ich hätte ein kleine (oder vielleicht doch längere) Ergänzung.

    Amüsant fand ich den Teil, als es um die Größe und Zahl der Mitarbeitenden ging. Denn regelmäßig werden, wenn es um Arbeitgeber geht, ausschließlich die Wirtschaftsverbände genannt – die Wohlfahrtsverbände hingegen nicht (außer es geht um den Pflegenotstand).

    Die AWO ist Mitglied in der freien Wohlfahrtspflege, die sich in einer Bundesarbeitsgemeinschaft zusammengefunden hat. Darin sind u.a. auch die Caritas, die Diakonie, das Rote Kreuz und der Paritätische Gesamtverband vertreten. Was die Mitarbeiterzahlen angeht ist die AWO darin allerdings nicht der größte Verband: die Caritas hat in Deutschland 660.000 Mitarbeitende, die Diakonie 599.000, und das Rote Kreuz 177.000. Im Paritätischen sind über 10.000 unabhängige Einrichtungen und Dienste organisiert.
    Zwar wird oft von den Wohlfahrtskonzernen gesprochen, allerdings handelt es sich bei den Verbänden um Zusammenschlüsse von oft rechtlich voneinander unabhängigen Institutionen, sodass es oft keine einheitliche Steuerung “von oben” gibt. Und die Dienste und Einrichtungen sind gemeinnützig, was bedeutet, dass sie nicht auf Gewinn ausgerichtet sind und bis auf die zu bildenden Rücklagen finanziell auf Kante genäht sind.
    Natürlich ist die Arbeit vom Staat subventioniert, schließlich handelt es sich um eine Leistung für die der Staat verantwortlich ist (z.B. durch die Sozialgesetzgebung) oder sie werden aus den Pflege-, Kranken- oder Sozialkassen finanziert (Subsidiaritätsprinzip). Für sehr viele der Dienste und Angebote müssen die Träger Eigenmittel einbringen, um überhaupt an Fördergelder durch den Staat zu kommen, z.B. bei der Errichtung eines Pflegeheims, und eine Kostendeckung hinzubekommen ist oft ein Kraftakt. Andere Dienstleistungen, wie z.B. die allgemeine Sozialberatung der Caritas, die eine Art Clearingsstelle bzw. Türöffner für weitergehende Hilfsangebote ist, werden vom Staat überhaupt nicht refinanziert.

    Und weil das ja ein Geschichtspodcast ist (und ich bei der Caritas arbeite): Es gab durch die Geschichte immer schon Orte und Orden, die sich beispielsweise der Krankenpflege oder der Armenfürsorge verschrieben haben. Gegründet wurde die verfasste Caritas (von lat. caritas = hingebende Liebe, uneigennütziges Wohlwollen) 1897 als Zusammenschluss bereits bestehender kirchlicher Einrichtungen gegründet, die sich vor allem im Zuge der Industrialisierung und aufgrund der Weiterentwicklung der katholischen Soziallehre und den mit der Verstädterung einhergehenden sozialen Problemen in großer Zahl in ganz Deutschland formiert haben. Die weiteren regionalen Gliederungen der Caritas, wie sie heute bestehen, entstanden in den folgenden Jahren insbesondere, wie auch die AWO, in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Weil es sich um ein kirchliche Institutionen handelt, sind sie nach den Bistümern organisiert, da die Bischöfe die “Werke tätiger Nächstenliebe” in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich organisieren wollten. Auch deshalb wird heute ein nicht unerheblicher Teil der Kirchensteuereinnahmen durch die Diözesen an die Caritas gegeben, insbesondere um dort tätig zu werden, wo trotz Bedarfen bei den Menschen eine Finanzierung durch den Staat nicht vorgesehen ist.

    Aber neben all dem: ohne das persönliche Engagement der 1,5 Millionen Mitarbeitenden in der Wohlfahrtspflege wäre das Sozialklima in Deutschland bedeutend kälter.

    Grüße
    Tobi

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