WR749 Umfangreiches Bambuswerk

 

Mit trockenen Büchern und wrintheitsgemäßen Antworten auf Fragen nach Gerüchen, Donald Trump (Buchtipp*), Mentalitäten, dem Ende der Wrintheit, der FAZ, dem CSD, Zeitreisen, Kaffee, Brot, Banken, Hierarchien, Placebos, Hacking, Putzgadgets, Lärmbelästigung, Schals, Kokolores, Grafitti, Star Wars, Loudness, Alterung, Soziometrik, YNAB, Demokratie, Jesen, Veganimus, SUVs, Antisemitismus und der Höflichkeitsfrage.

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19 Gedanken zu „WR749 Umfangreiches Bambuswerk

  1. Tarifkenner

    Auf die Frage, wie man in einer Demokratie Minderheitenschutz sicherstellen kann, gibt es eine prägnante Antwort: Durch Grundrechte, an die auch der Gesetzgeber gebunden ist und deren Einhaltung ein möglichst unabhängiges Gericht kontrolliert.

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    1. Michael

      Das reicht nicht. Denn dann kommt irgendwann ein Trumpeltier daher und stampft freudvoll(!) und ungehemmt durch prozedurale Lücken hindurch, die die regeltreuen Modus-1-Einwohner der Zivilisation und Demokratie bisher aus einfachem persönlichem Anstand oder überpersönlicher Systemempathie (frei nach Gunther Dueck) heraus nicht, oder zumindest nicht offen, für eigene Zwecke ausgenutzt hatten.

      Das passt zu dem, was Alexandra bei Minute 22:50 in dieser Wrintheit anhand von Annes Frage bzgl. der Nostalgiemaschine geantwortet hat: Es gibt Phasen des existenziellen Übergangs, der Liminalität, im Leben, wo es leichter fällt, tief in sich zu erkennen und zu erfahren, dass „Dinge [im Leben] gehen, die [man] nie für möglich gehalten hätte“. Magische Momente, wenn man so will.

      Auf rein prozeduraler Ebene lässt sich nicht beheben, dass es offenbar einen Modus (im u.g. Artikel Modus-2 genannt) der menschlichen Existenz gibt, in dem das Ausbeuten von niedriger gestellten Menschen und das Ergötzen an deren Niederlage und Untergang inhärent angenehm ist. Und das doppelt und dreifach, wenn man selbst zu diesem Untergang beitragen kann. Dies hat in diesem Existenzmodus selber den Status eines unverhandelbaren Grundrechts! Ich kann mir Gerichte vorstellen, die der Minderheit von Modus-2-Menschen zugestehen, ihr Grundrecht auszuüben, in zerfallende Erdregionen oder auf desolate fremde Planeten zu reisen und dort das Modus-2-Recht zu genießen, andere Menschen bzw. generell Lebewesen zu unterwerfen. An den Rand der Zivilisation, sei es räumlich, lebensgeschichtlich, gesundheitlich oder sozioökonomisch. Wo eine auf den primären Loyalitäten zum Stamm, zur Großfamilie, zum Clan, basierende Gesellschaftsordnung in eine komplexe, von Systemen fremdbestimmte Gesellschaftsordnung übergeht ‒ und in die andere Richtung ebenso. In dieser Phasenlücke wird es hässlich, aber auch magisch, weil dort so vieles möglich ist. Hässliche Jesen versinnbildlichen diese Lücke. — Bestenfalls findet das Modus-2-Leben in einer virtuellen Realität statt, damit ließe es sich vielleicht einhegen, und auch generell wäre der Lerneffekt dank Zeitverdichtung größer.

      Diese Perspektive ist mich ein Schlüssel zu diesem ganzen scheinbar plötzlichen „Erstarken der Autoritären“. In den letzten Jahrzehnten hatte man da im Westen ein paar Jahrzehnte lang den Deckel drauf, auch begünstigt durch den ungeheuren Energie- und somit Geld-Überschuss des Erdöl-Zeitalters. Aber nun, da dieses Zeitalter zu Ende geht und die Rechnung präsentiert wird, erkennen einander die im Modus-2 Lebenden u.a. mithilfe von Dogwhistling im Internet, erfahren, dass sie unter der stickigen Haube des Modus-1 nicht alleine sind, und fühlen sich dadurch freudvoll belebt.
      Und den zivilisierten Modus-1-Menschen fällt allzuoft nicht mehr dazu ein, als den Modus-2 als „Hass“ oder „Dummheit“ abzutun, und sich auf prozeduraler Macht abzustützen.
      Bislang war monotheistische Religion ein potentes Gegenmittel. Das wirkt nicht mehr.
      Wir stehen erst am Anfang.

      Präziser beleuchtet, auf Englisch, von der Psychologin Siderea: (Link zeigt auf Teil 3 von 3 des Artikelserie)
      https://siderea.livejournal.com/1273104.html?format=light

  2. Ha Wa

    Ich finde auch den Begriff der Mentalität schwierig – er führt zu Annahmen über ein Individuum aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Diese Zugehörigkeit wird mithin im Bezug auf einer Person als wichtiger angesehen als andere Merkmale.

    Das ändert sich häufig je besser man eine Person kennenlernt, ist aber am Anfang anstrengend. Meine Freundin ist Italienerin, ich bin Deutscher und sowohl sie als auch ich sind im anderen Kulturkreis immer wieder mit Stereotypen die zur Mentalität unserer jeweiligen Herkunftsnation gehören konfrontiert, was irgendwann zu nerven beginnt.

    Holgi sprach ein ähnliches Muster im Bezug auf Dinge wie “alle Dicken sind lustig” an. Das ist ja letztendlich nichts anderes als “Der Südeuropäer ist laut” und “der Deutsche ist sehr genau”.

    Sicher – diese Mentalitäten kann man ändern. Aber nur als Gruppe. Ich habe – genau wie beim Rassismus – keinen Einfuss darauf, welche Mentalität einer Gruppe zugeschrieben wird, der ich angehöre.

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    1. Leonard

      Einzusehen. Allerdings gibt es eben wohl persönliche Eigenschaften und erst Recht Überzeugungen, die von der Sozialisation abhängen. Bei psychischen Merkmalen verschwinden genetische Faktoren meist hinter dem Umwelteinfluss. Außerdem geben klassische rassistische Vorstellungen auch kaum genetische Zusammenhänge wieder. Ein sehr hellhäutiger und ein sehr dunkel häutiger Mensch können sehr eng verwandt – sogar Geschwister – sein.

      Insofern sind Mentalitätsstereotype wohl immernoch “berechtigter” als rassistische Stereotype.

  3. Petra

    Hallo in die Runde,
    danke für diese wunderbare Wrintheit! Mich beschäftigt die Frage nach der Wahl einer guten Bank seit einiger Zeit, deshalb würde ich mich über Tipps freuen. Ich bin nicht Holgers Meinung, dass es nur darum geht, keine Gebühren zu zahlen. Die Banken stellen halt unterschiedliche Dinge mit meinem Geld an und ich möchte nicht unbedingt, dass dies Waffengeschäfte oder undurchsichtige Investments sind. Die GLS ist wegen der Nähe zur Antroposophie allerdings auch nichts für mich.
    Im Moment bin ich noch bei der Sparkasse, weil ich immer dachte, dass eine Bank vor Ort einfach wichtig ist. Aber die bietet mir ja so gar nichts mehr, selbst für das Ausdrucken eines Kontobelegs will sie Geld, das empfinde ich als unverschämt. Und vor einiger Zeit wollte sie mir mal Immobilienfonds aus London andrehen, die hätten eine ganz tolle Rendite. Als ich dem Herrn sagte, dass ich gerade für ein Jahr in London gewohnt hatte, in einer Einzimmerbude für fast 2000 Pfund und diese Geschäfte gar nicht lustig fände, wurde er ganz still.
    Naja, ich bin einfach dankbar, wenn jemand weiterhelfen kann: Eine gute Bank, die einigermaßen verträgliche Geschäfte macht und nicht allzuviel Gebühren nimmt. Gibt es sowas?
    VIelen Dank und herzliche Grüße
    Petra

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  4. Anne

    Zu meiner Frage (ich sehe schon, es ist sehr schwer, manche Fragen verständlich zu formulieren): Ich stelle es mir eher so vor, in welche Zeit man noch mal (in den eigenen Körper) zurückreisen möchte, völlig egal aus welchem Grund. Bei mir wäre das die Zeit so zum Ende der Grundschule, als wir noch bei meinen Großeltern im Haus wohnten.

    Mir ginge es vor allem noch mal darum, meine ganzen Erinnerungen an diese Zeit sowohl zu überprüfen als auch aufzufrischen, ich würde mir auch das gesamte Haus noch mal sehr intensiv angucken, weil ich daran zwar auf der einen Seite noch sehr genaue Erinnerungen habe, auch teilweise an die Gerüche, wenn man bestimmte Schränke öffnete, es aber dann wieder sehr weit weg ist.

    Es geht mir also nicht primär darum, ob es zu dieser Zeit besser war als jetzt, sondern, dass man etwas bestimmtes noch mal erleben, anfassen oder grundsätzlich wahrnehmen kann und eventuell auch mit bestimmten Personen noch mal interagieren kann.

    Antworten
    1. Alexandra

      Find ich total geil, die Frage (also wenn wir sie richtig verstanden hätten).
      Ich glaube, ich hätte regelrecht Angst, in die in der Wrintheit genannte Lebensphase zurückzureisen und z.B. feststellen zu müssen, dass die von mir so vergötterten Punks und Metalheads aus dem JuZe provinzielle Indioten waren und keineswegs die “besseren Menschen”, die mich aus meinem vermeintlich bedeutungslosen Dasein erlöst haben. *grusel* Außerdem würde ich erleben müssen, wie es sich angefühlt hat, die Gunao Apes geil zu finden. Ich weiß nicht, ob ich das möchte! :’D

      Ansonsten ist es wie bei dir, Anne. Ins Haus meiner beiden Omen würd ich wollen und mich an der Ästhetik der Keksdosen und alten Tortenbücher ergötzen. Mittlerweile sind diese Häuser überladen mit kapitalistischem Müll, daher würde ich gerne in der minimalistischen Atmosphäre herumsitzen und mir reinziehen, was die Langeweile und das Ticken der Uhr mit einem Kinderkopf so alles zu machen vermochten. Und die sozialistischen Kulturhäuser würd ich gern besuchen und mir die Kindertheaterstücke ansehen von damals um sie auf Propaganda-Botschaften zu überprüfen. Ich hab sie nämlich als total super in Erinnerung.

  5. Christian

    Die Frage warum Kneipen um 22 Uhr außen zu machen fand ich toll.

    Für jemand der zwei Jahre über einer Kneipe gewohnt hat kann ich sagen, wegen mit können die auch schon früher zu machen und für jede Minute länger 1000€ Strafe. Teilweise war bis um 1 Uhr Nachts nur Besoffene laut redende Idioten zu hören. Der Lärm den die machen ist mit keinem Auto vergleichbar.

    Schön wie Holzig gleich wieder gegen das Autofahren herzieht. Scheint bei Ihm irgendwie bei fast jedem halburbanen Thema getriggert zu werden.

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    1. Donngal

      Ich finde eher, dass die Dämmung der Wohnungen über Kneipen besser sein müsste. Oder man da erst gar keine Wohnung hinmacht. Oder nur einzieht, wenn man mit dem Lärm klar kommt. Es muss auch möglich sein sich draussen besaufen zu können. Wenn man in eine Kneipen-Gegend zieht ist das eben so wie neben die S-Bahn zu ziehen. Das mindert die Miete und den Wert der Immobilie, aber ist eben hinzunehmen. Finde ich.

      Anders ist es, wenn die Wohnungen zuerst da sind und dann eine Kneipe aufmacht wo früher nie eine war. Aber das ist eher selten oder?

  6. Tanuva

    Schlauch/Loop-Schals! Jap, genau diese Buff-Schläuche (bzw. “PAC” bei mir) sind seit ein paar Jahren für mich der perfekte Schal-Ersatz. Und als Mütze für nicht allzu kalten Wind übrigens auch perfekt.

    Aber zur Überlegung, obs die Dinger nicht auch für Jungs gibt: Was sollte denn an einem “Herren-Loop” anders konstruiert sein? Es gibt davon doch Haufenweise. Aussuchen, strangulieren, gut is! Die sind super! 🙂

    [Blahfasel: Mich regt ja prinzipiell auf, wie viele Produkte unbedingt einem Geschlecht zugeordnet werden müssen. So als Sympathisant der schwarzen Szene renne ich auch gerne mal im langen Rock rum. Na und? Welt, lass mich doch in Ruhe mit deinen engen Schubladen! Hier in der Großstadt scheint das witzigerweise auch kaum jemanden zu tangieren. Wäre auf’m Dorf wahrscheinlich schwieriger…]

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  7. Flieger

    zur Bekanntheits-Frage:

    Holger, dein Test, wie viele Ecken du bis zu Angela Merkel brauchst, ist doch ein wenig ungeeignet zur Überprüfung der Hypothese xD Immerhin bist du bekannt und hast Kontakte in die (Berliner) Politik.

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  8. Manuel

    Lieber Holger,
    vielen Dank für Deine Worte bezüglich der Ideologie “Ehe”. Das spricht mir aus dem Herzen.
    Als Aspekt hinsichtlich des “Wertes” der Ehe möchte ich noch die Lage der Alleinerziehenden mit einbringen. Mir selbst geht seit meiner gescheiterten Ehe und der Tatsache, dass um mich herum einige Ehen (mit Kindern) zu Ende gehen ständig die Frage durch den Kopf, warum man durch den Ring am Finger besser gestellt sein soll als mit Kindern. Die Ehe ist ja u.A. darauf ausgerichtet, dass die Partner füreinander einstehen und die Gesellschaft dadurch zumindest aus gewissen Pflichten quasi entlassen ist. insofern macht es vielleicht irgendwie Sinn, Gemein-/Partnerschaften mit diesem Zweck zu fördern (via Steuerentlastungen). Aber warum die Kinder bzw. das Kinderhaben nicht auf ähnliche Weise gefördert wird will mir nicht in den Kopf. Da ist doch die vielbeschworene Zukunft des Landes, haben und finanzieren will sie aber keiner. Die Alleinerziehenden und ihre Kinder stehen unter großem Druck, das merke ich ja gerade selbst. Steuerklasse wechseln nach der Trennung und schwupps fehlen 300 EUR netto. Die Kinder aber bleiben, die Kosten auch. Die Ehe mag eine gesellschaftliche Konstruktion sein, eine Ideologie. Kinder sind es aber nicht, sie sind knallharte Realität. Warum man das eine so schützen/fördern will und das andere nicht verstehe ich einfach nicht.
    Mag sein, dass ich vieles noch nicht komplett verstanden und durchdrungen habe. Die Situation vieler Alleinerziehender (oder auch anderer Modelle des Zusammenlebens mit seinen Kindern) ist aber in aller Regel finanziell (und auch gesellschaftlich/sozial?) deutlich schlechter als die von kinderlosen Ehepartnern. Daran würde ich gerne etwas ändern nur wie … ? Naja …
    Viele Grüße und Danke!

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    1. Eule

      Die Gesellschaft (in Gestalt des Staates) fördert das was sie für den Idealfall hält, also für die Gesellschaft und ihren Fortbestand am nützlichsten. Und da hat das Modell “Ehe” neben den Partnern die füreinander einstehen noch den zweiten Vorteil dass in einem festeren Framework auch die Wahrscheinlichkeit höher ist dass für Kinder gut gesorgt ist. Alleinerziehende sind da gewissermaßen nur die zweitbeste Methode, das gesamtgesellschaftliche Wunschziel “gesichertes Wachstum” (also auf die Gesellschaft an sich bezogen, nicht bzw. nur nachrangig ökonomisch gemeint) zu erreichen. Und mit Steuervorteilen lockt der Staat eben in die “gewünschte” Richtung.

      Zynisch gesagt: Die fehlenden 300 Euro sollen Dich quasi ein Stück weit motivieren, Dir wieder eine Frau (oder halt neuerdings ggfs. auch einen Mann) zu suchen um Deine Lebenssituation – und damit die der Gesellschaft insgesamt – in diesem Sinne zu “verbessern”.

      Aus Sicht des Staates ist das weniger Ideologie (die steckt zwar sicher auch drin, wird aber vorrangig für die Verkaufe im Wahlkampf bemüht) und mehr schnöder Pragmatismus. Ungefähr so wie Versicherungsmathematik.

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