Ein kurzer, historischer Abriss über den Umgang mit Kindern bis hin zu den Heimen der 1960er und 1970er Jahre, unter deren Bedingungen die Kinder von damals nch heute zu leiden haben – von Matthias von Hellfeld.
Rousseau: Emile oder über die Erziehung*
Die passende Ausgabe “Eine Stunde History” läuft am 14. Juni 2021 auf DLFnova.
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Danke für das interessante Thema. Ich habe nur eine Anmerkung, die mir sehr wichtig ist, auch wenn ich nicht mal annähernd betroffen bin.
Im Zusammenhang mit den Tätern hieß es und er Folge, dass es ja keine Monster oder Pädophile gewesen sind. Das ist sehr unglücklich bzw. vorurteilsbehaftet formuliert. Pädophile werden in vielen Fällen nicht übergriffig und haben somit nur Pech, dass sie eine sexuelle Neigung haben, die sie nicht ausüben können. Viele sexuelle Übergriffe gegenüber Minderjährigen werden nicht von Pädophilen ausgeübt. Trotzdem wird das immer in einem Zusammenhang gleich gesetzt. Das finde ich sehr unfair. Jeder kann froh sein, diese Neigung nicht zu haben.
Danke für die weit ausholende historische Perspektive auf diese Problematik.
Man kann auf https://verschickungskind.de Erlebnisse der damaligen Kinder lesen und Listen von Heimen anschauen. Allerdings habt ihr glaube ich nicht erwähnt, dass es durchaus Kinder gab, die in moderner geführten Heimen unterkamen und die Zeit genossen haben. Oder solche, die trotz der strengen Regeln einen schönen Aufenthalt hatten.
Bin in den 80ern Kind gewesen, die Sprüche von wegen “Wenn du [x] nicht tust, kommst du ne Weile ins Heim, da lernst du’s schon noch!” habe ich noch kennengelernt. Zur Abschreckung wurde in der Familie immer das Beispiel eines ca. Ende Zweiter Weltkrieg geborener Großonkel genannt, der über den Sommer (?) mal ins Heim geschickt wurde. Bei dem war’s wohl auch so gewesen, dass er dort, wie soll ich’s ausdrücken, unliebsame Kost so oft hat essen müssen, bis sie endgültig im Magen blieb… Mitte der 1980er war das noch eine (wenn auch leere) Droherzählung, wenn man einen Käse o.s.ä. nicht mochte! Und ich würde nicht sagen, dass ich eine schlimme Kindheit hatte. Da hatte sich einfach was festgesetzt. Ein Gift mit Langzeitfolgen.
Trigger Warnung: Nennung von Gewalt gegen Kindern, Sexueller Gewalt
Moin,
ich höre seit Jahren den Geschichtsunterricht; die hat es auch gebraucht aber heute habt ihr euch in die Nesseln gesetzt. Ich bitte um Verzeihung ob des Anonymen Postings. Was ich hier schreibe möchte ich aus offensichtlichen Gründen nicht mit meinem Namen in Verbindung genannt bekommen.
Über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit des Versuches 4000 Jahren Geschichte, das NS-Regime, Kindesmissbrauch, Sexuelle Gewalt, den Antiken Griechen, den Antiken Römern und dem Mittelalter in 30 Minuten auch nur annähernd zu Beleuchten sollte ich mich eigentlich nicht äußern, denn ich verstehe von Geschichte mit Sicherheit viel viel weniger als Matthias. Meine Vermutung wäre, dass da jeder versuch eines linearen Spannungsbogens zum scheitern verurteilt ist. Von welchen Schichten reden wir da eigentlich? Und von welchen Ländern; gut wir sind ja offensichtlich Eurozentristisch also nehme ich an irgendwas Europa aber ganz *so* klein ist das doch nun auch nicht.
Was mich wesentlich mehr ärgert ist der Versuch die Gewalt die Verschickungskindern angetan wurde als lediglich ein Überbleibsel der NS-Ideologie zu erklären. Erneut, ich verstehe nix von Geschichte und es mag durchaus sein, dass ich meine Meinung durch Quellenstudie an einigen Punkten ändern würde. Das hier ist eine Plausibilitätsprüfung aus meiner Perspektive:
Es mag mit Sicherheit sein, dass das Buch von Johanna Haarer einen Einfluss hatte, aber so etwas stößt auf einen Fruchtbaren Boden; die Vernachlässigung und Gewalt die wir Kindern zuteil werden lassen existierte vor und nach und Unabhängig von dem NS-Regime. Auch dass Traumatisierte *unheilbar kaputt* sind ist eine Geschichte die wir uns nur zu gerne erzählen weil sie uns aus der Pflicht entlässt was zu tun. Darzustellen, dass das beste was man mit einem tun kann der seit 60 Jahren nicht schlafen kann ist “eine Schlaftablette” zu erteilen reproduziert ist in seiner Logik verständlich aber ehrlich gesagt ziemlich Tone-Deaf Fünf Minuten nach dem die Heimwehtablette erklärt wurde; und auch das ist letztlich eine Ablehnung der Verantwortung gegenüber Traumatisierten Menschen.
Ich bin selbst als Kind massivst Misshandelt, Gefoltert und Sexuell missbraucht worden. Gut, sah man ja alles nicht weil passiert ja zuhause…oh nein teilweise in aller Öffentlichkeit und mir ist nie jemand zu Hilfe gekommen. Teilweise hab ich es in der Schule erzählt und wurde ignoriert oder sogar dann von den Lehrern malträtiert. In den 90ern und 2000ern. Auch ich bin in dieser Welt alleine gelassen worden und zwar nicht nur bis ich 18 war, sondern auch danach. Denn ich bin danach nicht in eine gute Welt entlassen worden, sondern in eine die mich weiterhin alleine lässt. Es hat mich ein paar Jahre gebraucht das zu begreifen, aber ich bin nicht für immer Beschädigt, ein Sicherer Ort und eine Community in der ich mich sicher und geborgen fühle würde völlig ausreichen. Aber die gibt es nicht, sondern die muss ich mir selbst aufbauen und zwar aus hohler Hand denn ich bin nicht mit einer Familie gestartet.
Nein stattdessen wird es mir noch immer Aktiv erschwert zu heilen; meine Erinnerungen werden angezweifelt weil ich Dissoziiert bin und mich nicht erinnere, aus Gründen der Wirtschaftlichkeit werde ich daran gehindert eine Psychotherapie zu machen. Leute wie ich (ich selbst hab es irgendwie geschafft so Hochfunktionell zu sein dass ich gut verdiene) werden vom Jobcenter malträtiert weil sie nicht genug leisten und ich werde von Ärzten nicht behandelt weil ich zu viel hab und was ich hab alles als Kind hätte entdeckt werden sollen.
Meine Trauma kann nur schwer heilen weil die Gesellschaft weiter Traumatisiert. Das sehe ich daran, dass die Wikipediaseite zu ritueller Gewalt 20 mal Satanismus erwähnt aber kein einziges mal die Kirche. Daran, dass ein Großteil aller Frauen sexuelle Gewalt erlebt hat und daran, dass man Frauen nur abraten kann zur Polizei zu gehen weil es mehr Traumatisiert und eh nichts bringt. Daran, dass ich auf Twitter Vermisstenanzeigen für Kinder bekomme die offensichtlich weggelaufen sind und dann ihren Eltern “übergeben” werden. Als ich das las, wurde mir klar ich wurde 18 Jahre meines Lebens besessen. Im wahrsten sinne des Wortes, denn nur Besitz wird von der Polizei gesucht und seinem Besitzer übergeben.
Ich sehe es an den Kommentaren im Blog hier; einer um Pädophile in Schutz zu nehmen durch Wortklauberei. Einer der sich genötigt fühlt darzustellen, dass es ja auch Verschickungskinder gegeben habe die das genossen haben. Not all Verschickungskinder.
Ich bitte euch die Narrative die es uns einfach machen, einfache Erklärungen liefern kritisch zu hinterfragen. Nein, dass die Täter kein Unrechtsbewusstsein hatten ist mit Sicherheit zumindest *auch* eine Schutzbehauptung; zumindest hatten sie *auch* Bewusstsein dafür, dass ihre Taten nicht geahndet werden. Und nein, die Misshandlung von Kindern in Heimen ist auch sicher nicht nur ein Nachbleibsel der NS-Zeit sondern auch darin Begründet, dass wir die Strukturen nicht schaffen wollen um Kindern und Überlebende zu schützen. Und wir waren alle mit Schuld und wir sind auch heute noch mit Schuld für die Grausamkeiten die nach wie vor passieren.
@holgi Ich hab einen Vorschlag; du hast mal ein Interview mit dem KidsPodcast gemacht. Mach doch noch eins, ein längeres. Allgemein über Trauma und Traumapädagogik dieses mal. Der hat Publicity verdient und auch noch was spannendes zu erzählen. Es gibt auch betroffene die selbst Informieren; aber denen ist das wahrscheinlich zu groß.
Beste Grüße,
eure Kein Name
@Kein Name: Um für Holgi und Matthias eine Lanze zu brechen: Dem wrint Podcast geht es gar nicht um die vollständige Beleuchtung eines Themas, es sind quasi die Produktionsnotizen zum Deutschlandfunk Nova Podcast Eine Stunde History, bei denen Matthias uber das erzählt, was so bei den Nachforschungen aufkam oder was in der Sendung keinen Platz hatte usw.