Vor 20 Jahren wurde Belarus unabhängig. Matthias von Hellfeld erzählt.
Die passende Ausgabe “Eine Stunde History” läuft am 25. Januar 2021 auf DLFnova.
Vor 20 Jahren wurde Belarus unabhängig. Matthias von Hellfeld erzählt.
Die passende Ausgabe “Eine Stunde History” läuft am 25. Januar 2021 auf DLFnova.
Länder, die auf Deutsch nicht genau so heißen, wie in der Landessprache: Südafrika, Frankreich, Polen, Tschechien, Spanien, Italien, Dänemark, Niederlande, Vereinigte Staaten … 🙂 Kann jetzt für Spitzfindigkeit halten, aber das ‘Bela’ in ‘Belarus’ heißt nun mal wörtlich ‘Weiß’. Mir ist nicht ganz klar, warum der Fall jetzt nun groß anders gehandhabt werden soll, als die genannten. Niemand sagt South-Africa statt Südafrika.
Ein komplett anderer Fall ist übrigens Albanien, das eigentlich Shqipëri heißt; beide Namen haben nichts miteinander zu tun.
“Niemand sagt South-Africa statt Südafrika.”
Mein Lieblingsbeispiel für die seltsame Verwendung von Ortsnamen ist immer die Hauptstadt Mexikos: In vielen deutschen Texten wird sie weder mit ihrem mexikanischen, also spanischen, noch mit dem deutschen Namen sondern mit dem englischen Namen bezeichnet.
Seltsam. Wie die in Deutschland sehr verbreitete englische Aussprache der belgischen Stadt Waterloo 🙂
Für welches Land außer Weißrussland verwenden wir nicht den Namen, den sich dass Land selber gegeben hat (wobei: Bela == Weiß, Rus == Rus/Russland, das ist eine direkte Übersetzung, also irgendwie schon der selbst gewählte Name)?
In der EU:
* Griechenland (Hellas)
* Ungarn (Magyarország)
* Finnland (Suomi)
In Europa:
* Albanien (Shqipëri)
* Montenegro (Crna Gora)
* Georgien (Sakartwelo)
* Armenien (Hajastan)
In Asien:
* China (Zhōngguó)
* Japan (Nihon)
* Nordkorea (Choson)
* Südkorea (Daehan)
In Afrika:
* Ägypten (Misr)
Da gibt’s bestimmt noch mehr. Direkte Übersetzungen wie bei UK und USA oder kleine Unterschiede wie bei France und Polska habe ich mal ignoriert.
Zur Westverschiebung Polens: Die im Osten verlorenen Gebiete sind zu ähnlich großen Teilen an die Ukraine und Belarus gegangen, und zu einem kleinen Teil an Litauen.
Und die Repressionen Stalins gegen kriegsgefangene Rotarmisten war unabhängig von Ethnie oder Wohnort, d.h. da waren Russen, Kasachen oder Burjaten genauso von betroffen.
Wo – außer in Österreich und der (deutschsprachigen) Schweiz – wird denn bitte unser Land Deutschland genannt?
Die entscheidende Frage ist immer: Haben wir es mit einem deutschen Namen eines anderen Landes oder einer ausländischen Stadt zu tun (z.B. Schweden für Sverige oder Mailand für Milano) oder hat tatsächlich eine Umbenennung stattgefunden (z.B. Birma/Myanmar, Stalingrad/Wolgograd, Karl-Marx-Stadt/Chemnitz)? Im zweiten Fall sollte der aktuelle Name verwandt werden, im ersten können wir ruhig beim deutschen Namen bleiben.
>Wo – außer in Österreich und der (deutschsprachigen) Schweiz – wird denn bitte unser Land Deutschland
>genannt?
In Japan.
Doitsu
(das u spricht man nicht, ist aber halt Teil der Silbe su/tsu)
Ansonsten stimmt es, da sind wir eher die Germanen, oder Allemannen, oder der sonstige Stamm, der da auf der anderen Seite der Grenze hockte. 😉
Ich biete Chinesisch: 德国/Déguó von Dé – Deutsch und Guó – Land (wobei Dé nur dann “Deutsch” bedeutet, wenn daneben noch ein weiteres Wort steht, z.B. “Land”, “Sprache”, “Mensch”)
Die Frage ist verdammt schwer zu beantworten. “Бела Ру́сь” bzw. “Bela Rus” taucht z.B. spätestens im 13. Jh. in slawischen Texten auf, und “Weißrussland” etwa zur selben Zeit in deutschen Texten (und “Alba Russia” in lateinischen Quellen). Dummerweise ist, je nachdem wann man sein Geschichtsbuch aufschlägt, immer wieder eine andere Gegend damit gemeint. Im späten Mittelalter bezeichnete es 2-300 Jahre lang eine Landschaft südöstlich von Petersburg (um Novgorod), und in der frühen Neuzeit für eine Weile die Gegend um Moskau. Außerdem findet man parallel zu Weißrussland in den Quellen auch noch Schwarz- und Rotrussland (heute längst vergessen).
Ähnlich sieht es bei Burma/Myanmar aus. Das Wort “Burma” leitet sich vom Volk der Bamar ab, die etwas mehr als 2/3 der Einwohner des Landes stellen, und ihr heutiges Siedlungsgebiet im 9. Jh. eingenommen haben. Myanmar wird in lokalen Quellen erstmals um 1100 als Königreich erwähnt, und taucht seitdem in verschiedenen Schreibweisen immer wieder auf. Der bedeutendste Staat im heutigen Myanmar war aber über Jahrhunderte hinweg das Reich von Bagan, gefolgt vom Pegu- und dem Taungu-Reich. Jetzt mach was draus 😛
@David und Norbert: Danke für die Hinweise auf Japanisch und Chinesisch. Das wusste ich tatsächlich nicht.
Zur Frage Umbenennung vs. Übersetzung:
Im Fall Myanmar/Birma/Burma habe ich es so verstanden, dass dieser Staat sich selbst umbenannt hat, wie auch Karl-Marx-Stadt nach der Wende umbenannt (oder rückbenannt) wurde. Weißrussland hat sich selbst doch aber nie so genannt, so wie sich auch kein Land Elfenbeinküste und keine Stadt jemals Mailand oder Florenz genannt hat.
In der Sendung vermittelt Matthias v. Hellfeld jedoch den Eindruck, Weißrussland habe sich 1991 in Belarus umbenannt (jedenfalls habe ich ihn so verstanden). Ein Land, das Weißrussland heißt, hat es doch aber auch vorher nur in deutschen Übersetzungen gegeben.
Schließe mich dem Kommentar von Katharina (weiter unten) an: Ich verstehe es nicht, warum deutsche Journalisten seit dem vergangenen Jahr Belarus statt Weißrussland sagen.
Genau, Weißrussland ist die Übersetzung von Belarus ins Deutsche:
Белый = Weiß
Россия = Russland
weiter nix…
Als die Militärjunta 1989 das Land umbenannt hat, ersetzte sie eigentlich nur einen bereits existierenden Namen durch einen anderen, ebenfalls bereits existierenden und vor Ort in gebräuchlichen Namen. Ich weiß nicht, ob das Deine Kriterien für eine echte Umbenennung erfüllt. Da würde ich eher an sowas wie die Namensänderung von Obervolta nach Burkina Faso denken (soweit ich weiß ist “Burkina Faso” eine komplette Neuschöpfung).
Das ist mir auch schleierhaft. Mir hat mal jemand erklärt, dass sich einige Menschen durch den Namen Weißrussland unangenehm an Putins Russland erinnert fühlen, und deswegen lieber Belarus verwenden. Wie das helfen soll ist mir unklar, da die verbindenden 3 Buchstaben – R, U und S – so nicht verschwinden.
Das Problem hier ist, dass Weißrussland sich seine Geschichte fast vollständig mit Russland und Litauen teilt und es wenig Referenzpunkte bei der Namenswahl gibt, auf die sich die beiden anderen Staaten nicht auch beziehen könnten. Der erste Staat auf dem Gebiet Weißrusslands war ab dem 9. Jh. die Kiewer Rus, die namensgebend für Russland und Weißrussland ist, und von beiden Staaten sowie der Ukraine als Vorläuferstaat beansprucht wir. Diese geht im Mongolensturm des 13. Jh. unter, ihre Teilfürstentümer werden Vasallen der mongolischen “Goldenen Horde”. Als das Reich der “Goldenen Horde” so 100-150 Jahre später zu schwächeln beginnt, besetzen die Litauer nach und nach Weißrussland. Und im Zuge der Polnischen Teilungen im 18. Jh kommt die Gegend an Russland.
Zwei Karten, die die damaligen und heutigen Grenzen übereinander legen:
Lage Weißrusslands in der Kiewer Rus um 1100: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/db/Principalities_of_Kievan_Rus%27_%281054-1132%29.jpg
Lage Weißrusslands in der Polnisch-Litauischen Union um 1600: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f0/Rzeczpospolita2nar.png
Holgi lebt noch im Jahr 2011. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass die Unabhängigkeit 1991 „vor 20 Jahren“ war… 🙂
Ich bewundere eure Ausarbeitungen, ehrlich. Aber ich verstehe immer noch nicht, inwieweit sich der Name Weißrussland von Belarus überhaupt unterscheidet? Ich sag doch auch nicht Republik Frank, sondern Frankreich. Das finde ich inhaltlich einen viel größeren Unterschied.
Ich habe überhaupt kein Problem damit, den Namen Belarus zu verwenden. Aber ich würde es wirklich gern verstehen.
Danke! 🙂
Rus ist ein nicht ganz greifbarer Begriff, der durch die Vorgängerstaaten der heutigen Staaten Russland, Ukraine und Belarus entstanden ist. Was genau Rus bedeutet ist wie gesagt etwas diffus und kontextabhängig, es ist aber jedenfalls nicht mit dem heutigen Staat Russland gleichzusetzen. Weißrussland klingt eben so, als wäre es ein Teil Russlands, Belarus nimmt eher Bezug auf diese Kulturregion und gemeinsamen Vorfahren.
Und waren die “Rus” nicht auch der Teil der WIkinger, die nach Osten gefahren sind? (Achtung, gefährliches Halbwissen!)
Die Kiewer Rus hat den Namen daher, dass sie von Wikingern gegründet wurde, angeblich von einem gewissen Rurik (die Rurikiden regieren die Kiewer Rus und später das Russische Zarenreich vom 9. Jh bis um 1600). “Rus” soll von einem Wort für “Ruderer” abgeleitet sein, was als Alternativbezeichnung für Wikinger nicht abwegig ist.
Die freundliche Bitte, den Namen Belarus zu verwenden, kommt von der Belarusisch-Deutschen Geschichtskommission: https://geschichte-historyja.org/site/assets/files/1046/200715_pressemitteilung_geschichtskommission_by_de.pdf
Man möchte deutlich machen, “dass es sich bei
der Republik Belarus um einen souveränen Staat handelt, der nicht Teil Russlands ist.”
Vielleicht ist das für andere Menschen eben doch nicht so selbstverständlich wie für die Mehrzahl der Hörer dieses Podcasts. Schade eigentlich.
In der dazu passenden Sendung Eine Stunde History kommt das auch ausführlich zur Sprache. Rus ist eben nicht Russland und die aus historischer Sicht passende Übersetzung wäre eigentlich Ruthenien. Weiß-Ruthenien ist jedoch der Name, der von den Deutschen im Ersten und Zweiten Weltkrieg als Bezeichnung für dieses besetzte Gebiet benutzt wurde (analog Tschechien vs. Tschechei). Daher appelliert die Kommission dafür, nicht an diese Tradition anzuknüpfen.
In der Einen-Stunde-History ab 10:30. Der Titel der Ausgabe, “Unabhängigkeit 1991 – Weißrussland wird Belarus”, ist allerdings zumindest irreführend.
Finnland (Suomi) 🙂