WR077 Holger ruft an: Bei Annegret (wg. Keime)

Annegret hatte einen Kommentar zur 18. Wrintheit hinterlassen, von dem ich fand, dass er sendenswert sei. Darum habe ich Annegret mal angerufen und mit ihr unter anderem geredet über Keime in Krankenhäusern, das Robert-Koch-Institut, Hygiene, die Maschine mit dem Ping, Röntgen, Dosimeter, MRT, CT, PET, CAD, Otto Bock (SuperFour, Video), Polonium und einen Spion.

16 Gedanken zu „WR077 Holger ruft an: Bei Annegret (wg. Keime)

  1. tp1024

    Schade, bei der PET, der Positronenemissionstomographie fehlt das leckerste Stück an der Technik – die Positronen von denen dort die Rede ist, sind Antimaterie – genau genommen Antielektronen. (In Atomen die zu wenig Neutronen haben Zerfallen die Protonen zu Neutronen um das auszugleichen. Die positiv geladenen Protonen müssen dazu aber ihre Ladung los werden – und das tun sie in Form des Positrons.(*)

    Sobald sie mit einem Elektron in Verbindung kommen lösen sie sich auf und zwei Photonen Gammastrahlung schießen in entgegengesetzte Richtung voneinander weg.

    Wenn also die Detektoren in der Röhre zwei Signale gleichzeitig an unterschiedlichen Enden entdecken, dann kamen die vom gleichen Atom. Das muss sich irgendwo auf der Linie zwischen den Detektoren befunden haben. Zerfällt nochmal ein Atom an ungefähr der gleichen Stelle und es werden wieder beider Photonen registriert, dann kreuzen sich dort die beiden Linien. Im günstigsten Fall weiß man dann, wo der Tumor ist.

    (*)Die meisten instabilen Atome haben aber zu viele Neutronen. Je nach Größe, Atomaufbau etc. schmeißen die dann einfach ein Neutron raus (eher selten). Oder es werden zwei Neutronen zusammen mit zwei Protonen heraus geschmissen, das nennt sich dann Alpha Zerfall und passiert hauptsächlich bei großen Atomen (Uran, Radon, Radium, Polonium etc.) Der häufigste Fall ist aber der Betazerfall, in dem ein Neutron zum Proton wird. Dazu muss das Neutron eine negative Ladung los werden und tut das in Form eines normalen Elektrons.

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    1. julian

      Nochmal als Ergänzung, weil ich gestern nur mobil unterwegs war:
      So wie ich das in dem Taz-Artikel gelesen habe, haben die Pharmafirmen laut der interviewten Wissenschaftlerin deshalb keinen Bock neue Antibiotika zu entwickeln, weil die eigentlich gute Vorgabe, dass nur Medikamente zugelassen werden sollen, die besser als ein bestehendes wirken, im Falle von Antibiotika nicht so schlau ist. Um gegen Resistenzen zu umgehen, ist es vor allem wichtig, einen anderen Wirkmechanismus zu finden, den die Keime noch nicht “kennen” der nicht notwendigerweise besser als bestehende Methoden sein muss. Auch wird im Artikel noch angeregt, eine gewisse Anzahl von Antibiotika erstmal “auf Halde” zu Produzieren, und nicht zu verabreichen, so dass man immer eine Notreserve hat, für die sich noch keine Resistenzen gebildet haben können.

    2. Annegret

      Ja das Problem besteht öfter. Die gesetzlichen Vorgaben hinken grundsätzlich dem Ist-Zustand hinterher. Das ist systembedingt. Ich bin aber optimistisch, dass sich zumindest das in absehbarer Zeit löst. Das passiert einfach, die Zeitstrecken bis entsprechende Vorgaben an den Stand der Technik angepasst werden sind rel. lang. Die Rolle von Software in Medizinprodukten wurde erst 2007 in der entsprechenden Richtlinie weiterführend bedacht. Dabei sind die meisten medizinischen Geräte heute eben einfach Rechner. Dasselbe gilt für Kombinationsprodukte aus Medizinprodukt und Arzneimitteln (z.B. ein Kathetherpack mit schmerzlinderndem Gleitmittel). Der Inverkehrbringer ist verantwortlich für das ganze Pack. Ist er als Medizinproduktehersteller zertifiziert fehlt ihm eigentlich die Expertise für das Schmerzgel, ist er als Arzneimittelhersteller zertifiziert kennt er sich mit dem Katheter nicht aus. Er ist aber trotzdem für Vorfälle mit beidem haftbar. Und solche Produktkombinationen wird es sicher verstärkt geben (z.B. auch Kondome mit Betäubungsmittel, gleiche Geschichte) Ich würde die momentane Gesetzeslage also nicht als aktiven Hinderungsversuch betrachten, sondern einfach als noch nicht entsprechend angepasst. Überlegungen dazu laufen mit Sicherheit schon.
      Erstmal auf Vorrat zu produzieren ist sicher ne gute Idee. Ärzte neigen ja auch ein bisschen dazu den neuen heißen Scheiß immer etwas überenthusiastisch einzusetzen, so wie zwischenzeitlich alles mit Laser gemacht werden sollte oder nach Demonstration der ersten “schnellen” MRT-Messung (von 2h auf 15min) gleich mal das CT für tot erklärt wurde. Allerdings sehe ich da Druck aus der Bevölkerung aufwallen, die dann sicher wieder denken, ihnen würden wirksame Medikamente aus Geldgier vorenthalten. Aber wie gesagt, prinzipiell bin ich optimistisch, dass sich da eine Lösung findet. Andere europäische Länder machen es auch schon gut vor. Da kann man sich ja mal ein Auge holen.

  2. Heinz

    Ihr meint also, tausende Tote im Jahr in deutschen Krankenhaeusern, ist nicht Grund genug das System zu verbessern?
    Es kam im Gespraech so rueber.
    “Naja, ic bin kein Hygieniker, aber die paar Tote sind doch auch nicht so schlimm”

    Holland wird ja immer als Beispiel genommen, weil dieses System besser ist und es dadurch weniger Tote gibt.

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    1. Annegret

      Hallo Heinz,
      also das war ganz sicher nicht meine Intention, sorry, wenn du das so aufgefasst hast. Das System muss auf jeden Fall verbessert werden. Ich habe ja gesagt, dass z.B. diese bundeslandeigene Regelung in meinen Augen ein Problem ist und meiner Meinung nach jedes Krankenhaus einen Hygieniker haben sollte. Aber es ist auch nicht angesagt in Panik zu verfallen oder mit dem Finger auf Krankenhäuser etc. zu zeigen und von Seuchen usw. zu schreiben. Ich wehre mich einfach gegen diese oft erfolgende Brandmarkung von Krankenhäusern als Seuchenherde und Orte an die man nur zum Sterben geht oder deren Personal als faules geldgeiles Pack was einem in der Narkose noch die Goldzähne rausbricht, die Desinfektionsmittel streckt und während der OP ne Salamistulle frisst. Diese Konnotation schwingt da nämlich sehr gerne mit. Die “geringe” Anzahl an Toten zeigt, dass die Maßnahmen ja greifen und die Gefahr schnell eingedämmt werden kann, wenn ein Befall erstmal erkannt ist. Du musst dir nur mal vor Augen führen mit wie vielen Menschen ein Arzt oder eine Schwester am Tag Kontakt hat und eben nicht nur mal Händeschütteln sondern Kontakt mit offenen Wunden und stark immungeschwächten Patienten. Das Potential an Übertragung ist weitaus höher. Und die Zahlen zeigen, dass sich solche Keime eben nicht unkontrolliert wie ein Buschfeuer im ganzen Krankenhaus ausbreiten. Nichts desto weniger bin ich natürlich der Meinung dass hier nachgezogen werden muss. D.h. Hygieniker in jedem Krankenhaus, bundesweit gültige Verhaltensrichtlinien, Isolierzimmer in jedem Krankenhaus und einen Wissensaustausch mit den Nachbarländern, die das eben vormachen wie es zu sein hat. Aber wie so oft bedarf es hier nicht unbedingt einem Katalog neuer Regeln, sondern eher die vorhandenen Maßnahmen konsequent anzuwenden, mit Mitarbeiterschulung, Schaffung von Bewusstsein und Motivation (und ja damit meine ich auch bessere Bezahlung und Entlastung vor allem von Schwestern und Hilfspersonal). Aber die Zahl der Toten wirst du leider nicht auf Null senken können. Denn wenn der Ausbruch erstmal da ist, sind einem praktisch die Hände gebunden. Der Patient kann nur noch isoliert werden um den Rest zu schützen. Die Behandlung spricht nicht an. Ist die Infektion lokal begrenzt müssen oft Arme oder Beine abgenommen werden und dann kann man nur noch hoffen, dass das Immunsystem es irgendwie schafft.

  3. chris

    Interessante Sendung!

    Aber eine fundamentale Frage beschäftigt mich: Die Seife beim Hände waschen sorgt eigentlich nur für den angenehmen Geruch, aber die Keime sind davon nicht beeindruckt, es sei den Desinfektionsmittel, richtig?

    Das habe jetzt einfach mal deduziert aus Annegrets Aussage zu 5 mal Duschen am Tag: Die Keime wird man nicht los, dafür verteilt man die Keime gleichmäßig im Bad.

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    1. Annegret

      Hallo Chris,

      nein du musst daheim auch kein Desinfektionsmittel benutzen. Man unterscheidet zwischen dauerhafter Besiedlung von Haut etc. der sogenannten Flora und vorübergehender Besiedlung. Die Organismen der Flora haben sich an den jeweiligen Stellen festgesetzt und sind nur sehr schwer zu entfernen (ist auch nicht erwünscht, siehe Haut- oder Darmflora). Die vorübergehenden Keime sind aber meist welche die dort nicht hingehören. Z.B. ich hab mir beim Niesen die Hand vor den Mund gehalten oder man bekommt Darmflora an die Hände wenn man auf Toilette war. Diese vorübergehenden Keime bekommt man mit normalem Händewaschen gut weg. Aber der Erwerb solcher Keime ist eben sehr auf die Hände beschränkt. Grundsätzlich kann jeder duschen so viel er mag, aber es gibt in dem Sinne keine hygienische Notwendigkeit dazu das 5mal täglich zu machen. Bitte nicht mit zu aggressiven Mitteln an dich ran gehen. Man muss genau das Gleichgewicht treffen um die vorübergehenden Keime ausreichend zu entfernen, bevor sie sich fest setzen und gleichzeitig aber deine eigene Hautflora nicht zu zerstören. Denn überall wo Lebensraum frei wird können sich neue Keime festsetzen. Also für den normalen Hausgebrauch ist waschen mit Seife völlig ausreichend. Auch nicht zu rigoros mit der Bürste rangehen, weil das Verletzungen verursacht, die wieder Infektionen vereinfachen. Und nicht wochenlang dasselbe Handtuch verwenden.

  4. Chris

    Interessante Sendung, aber ein paar Kleinigkeiten muss ich nochmal anmerken: MRSA steht nicht für multiresistent sondern für Methicillin-resistent. Auch wenn die Abkürzung schön passt. Das heisst erstmal, das die Stämme gegen alle beta-Lactamantibiotika (Penicillinklasse und daraus abgeleitete Antibiotika) resistent sind, häufig sind sie aber auch gegen weitere Antibiotikaklasse resistent. Für die Resistenz ist übrigens nicht der Mensch verantwortlich, die gibt es schon sehr lange. Wir sind aber dafür verantwortlich, das sie sich in bestimmten Umgebungen massiv ausbreiten.
    Sagrotan zu verwenden ist wie gesagt meistens sinnlos, da die wenigsten Leute richtig desinfizieren. Resistenzen dagegen wird es aber nicht geben, weil der Wirkstoff Benzalkoniumchlorid die Zellmembran aktiv zerstört. Problematisch sind eher Hautreizungen durch zu häufige Anwendung.

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