WR1501 Die Wissenschaft im Burnout

Florian hatte vermutlich Burnout, und Holgi sowieso.

Darin: Stadien des Burnout – Studie: Big Five und BurnoutSedimentationshypotheseBig-Five-TestBurnout und Ehe (Original-Paper)

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18 Gedanken zu „WR1501 Die Wissenschaft im Burnout

  1. Christian Berger

    Ich hatte ja mal vor einigen Jahren das Gegenteil, einen “Bore-Out”. Das ist wenn man einen Job hat bei dem man nichts tun darf, aber viele Dinge sieht, bei denen man was tun müsste. Daran geht man dann kaputt und ich war da auch in stationärer Behandlung.
    Ich muss sagen, das was mir da am Meisten gebracht hat war, einfach mal weg von dem ganzen zu sein. Inzwischen hab ich mir einen anderen Job gesucht und bin da sehr viel ausgeglichener.

    So was wird übrigens auch als leichte “Folter” verwendet. Beispielsweise wurde eine entfernte Verwandte von mir in einen Raum versetzt in dem sie nichts machen durfte, um sie zur Kündigung (somit ohne Abfindung) zu bringen. Sie arbeitete vorher als Chefsekretärin eines größeren mittelständischen Unternehmens.

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  2. Rainer

    Einen Burn-out hat man nicht mal eben und dann ist er wieder weg. Der bleibt einem erhalten, für immer!
    Es gibt gute und schlechte Phasen und wer meint er hätte einen Burn-out überstanden, der hatte nie einen.
    Bei einem richtigen Burn-out machst du gar nichts mehr, nicht mal mehr ans Telefon gehen. Da rappelt man sich zu nichts mehr auf.
    Hoffe dass ihr nie einen richtigen bekommt!
    Beste Grüße
    Rainer

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    1. holgi Beitragsautor

      Ich denke, die Frage ist, wann man zusammenbricht, beziehungsweise, wann man gegensteuert. Bei mir war es derart früh, dass ich mich gut wieder gefangen haben. Aber ja: Ich spüre auch sieben Jahre danach, dass ich nicht mehr so fest auf beiden Beinen stehe, wie ich mir vorher eingebildet habe, zu stehen.

    2. Markus

      Ich hatte 2018 einen Burn-Out. So wie ich es verstanden hatte, ist ein BurnOut ein sehr individueller Zustand. Bis dahin wurde es auch als Burn-Out Syndrom bezeichnet, weil es eine Sammlung von Symptomen ist die bei jedem anders aussehen kann.
      Ich war an dem Punkt an dem ich eines Morgens heulend zusammenbrach und meiner Frau sagte ich könne einfach nicht mehr. Es waren berufliche aber auch private Gründe die mich zu diesem Punkt trieben. Ich habe erst mal zwei Tage praktisch durchgeschlafen. Im Vorlauf zu diesem Zusammenbruch hatte ich mehrfach Angst-/Panik-Attacken – welche ich erst sehr viel später als solche erkannte – so heftig, dass ich zwei mal auf der Notaufnahme war weil ich dachte ich sterbe. Blutdruck hatte völlig verrückt gespielt (190/120), Herzrasen, hyperventilieren, Schweissausbrüche, Magenkrämpfe, kribbeln in Armen und Beinen… Ich wurde mehrfach komplett durchgecheckt um alle möglichen physischen Probleme auszuschliessen (ink. Schlaflabor). Auf der einen Seite war es befreiend zu erfahren, dass körperlich alles «in Ordnung» ist, auf der anderen Seite hochgradig frustrierend denn ich hatte ja nach wie vor diese Attacken. Mein damaliger Therapeut war leider keine allzu grosse Hilfe. Die Sitzungen verliefen meist so, dass er mich fragte wie es mir gehe «Ah… ja… nicht so gut, ich werde sie einen weiteren Monat krank schreiben.» Weil ich mich so nicht ernstgenommen gefühlt hatte, habe ich selber «recherchiert» und habe erst so verstanden, dass diese Anfälle Panik-Attacken waren. Daraus entwickelte sich dann eine generalisierte Angststörung bei der ich Angst vor Angst bekam und mich so in die Attacken reingesteigert habe. Das Anti-Depressivum half ein Stück weit. Nachdem ich dann endlich den Therapeuten gewechselt hatte zeichnete sich langsam eine Besserung ab.
      Wie Rainer sagt, habe auch mich nicht komplett davon erholt, ich habe allerdings gelernt die «Vorboten» zu erkennen und bin jetzt sensibilisiert wenn ich wieder an meine Grenzen stosse.

      Man kommt «hintern» anders raus, als man «vorne» rein ging.

  3. Marc

    Ich hab vor ca. 10 Jahren irgendwann am Schreibtisch auf der Arbeit gesessen und ich wusste plötzlich nicht mehr, ob ich den Tag noch überstehe oder gleich einfach vom Stuhl falle. Damals kam zu dem Arbeitsstress noch ne Beziehungskrise dazu und das hat mich von jetzt auf gleich in den roten Bereich geschoben.
    Konnte mich in vielen der Symptome, die ihr zwei genannt habt, durchaus wiederfinden. Glücklicherweise war ich zu dem Zeitpunkt schon in Therapie, das hat vermutlich das Schlimmste noch verhindert.

    Womit ich damals tatsächlich ganz gut gegensteuern konnte, war ein VHS-Kurs zu Autogenem Training. Das hat mir überhaupt erstmal ein Gefühl dafür gegeben, wie weit weg ich von irgendeinem Zustand der Entspannung war.

    Ein kleiner Buchtipp noch an der Stelle: “Bevor der Job krank macht: Wie uns die heutige Arbeitswelt in die seelische Erschöpfung treibt und was man dagegen tun kann” von Hans-Peter Unger und Carola Kleinschmidt. Ist zwar schon von 2006 aber ich denke noch durchaus aktuell.

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  4. Anton

    Gutes Thema! Ist mir nur allzubekannt – vielleicht hilft‘s ja rechtzeitig die Notbremse zu ziehen, wenn jemand das hört. Bin ja auch selbstständig – da ist das mit der Notbremse, wie im Podcast diskutiert, besonders schwierig.
    Auch in so einem Zustand psychotherapeutische Hilfe zu bekommen ist ja nicht gerade einfach – das erste was ich von nem Arzt als „Hilfe“ bekam war eine Schachtel Antidepressiva – hab ich nicht genommen – die bekämpfen ja nur die Symptome und nicht die Ursache hab ich mir gedacht. Ging dann auch ohne, weil ich glücklicherweise dann doch relativ schnell einen Therapeuten gefunden habe, der gepasst hat. War sehr aufschlussreich.
    Tja – und das Nein-Sagen können ist wirklich ein Kapitel für sich, schliesslich wollen wir ja alle gemocht werden und niemanden enttäuschen. Das positive Gefühl wenn ich dann mal was abgelehnt habe ist wirklich toll.

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    1. Marc

      Sinn und Zweck der Antidepressiva ist ja nicht die Ursache zu heilen, sondern die Symptome soweit in den Griff zu kriegen, dass man überhaupt therapierbar wird und wieder halbwegs für sich selber sorgen kann.
      Dass vielen die Symptombekämpfung reicht ist dann wieder eine der Schattenseiten dieser Geschichte.
      Aber trotzdem gut, dass es bei dir auch ohne ging.

  5. horst

    Vielen Dank für die Offenheit in dieser Folge.
    Es ist so wichtig, dass Menschen mit Reichweite offen und unaufgeregt von ihren Erfahrungen berichten.
    Der obligatorische Hinweis für Betroffene:
    116117 anrufen oder als Arbeitnehmer*in in größeren Betrieben an die Vertrauensperson des Betrieblichen Gesundheitsmanagement oder Betrieblichem Eingliederungsmanagement wenden. Die haben meist auch Schweigepflicht.

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  6. Lisa

    Bei den Symptomen habe ich mich schon wiedergefunden… Ich hab auch selbst bemerkt dass ich im Moment deutlich mehr Ersatzbefriedigungen suche (Essen und Online-Shopping) als noch vor 6 Monaten. Zum Glück beides noch nicht ausufernd. Auch die Erschöpfung, Gereiztheit und Hoffnungslosigkeit kann ich gut nachvollziehen.

    Vor mehr als einem Jahr war ich bereits wegen einer generalisierten Panikstörung in einer Langzeittherapie. Die hat dann allerdings nach der Maximalzeit von x Sitzungen (ca. 2 Jahren) geendet. Seitdem sind die Symptome wieder deutlich schlechter geworden. Vielleicht war es auch da schon unerkanntes Burn-Out (obwohl ich zu der Zeit noch im Studium war) oder es ist erst jetzt mögliches Burn-Out dazu gekommen. Vielleicht ist es auch was ganz anderes, aber egal was es ist, ich wünsche es keinem.

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  7. Ralph

    Ich finde es ganz großartig so eine Sendung zu hören und dann noch so eine persönliche Art darüber zu reden .
    Finde es sehr wichtig das anzuhören und auf die Anzeichen aufzupassen das rechtzeitig reagiert werden kann.
    Danke an euch zwei und Dir Florian alles gute und genieße denen Urlaub .
    Gratulation auch zur Hochzeit . Liebe Grüße aus Österreich Ralph.

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  8. Anna

    Danke für die Folge – sie hat mir auch noch mal einen Ruck gegeben. Bei mir sind da andere Dinge im Argen als “nur” Arbeit, aber genau dann schiebt man es doch sehr vor sich her.
    Ich möchte daher nur kurz darauf hinweisen, dass man doch tatsächlich recht schnell Hilfe bekommen kann. In Hessen beispielsweise über die Terminservicestelle Hessen (googlen), dort waren wirklich viele Psycholog*innen mit Terminen. Die Buchung erfolgt online, so das man nicht fremde Menschen anrufen muss. auch empfehlenswert: therapie.de, dort geht anscheinend auch onlinebuchung (oder anruf) und es ist deutschlandweit.

    Wie schnell es mit einem richtigen Therapieplatz usw geht muss man dann mal schauen. 😉 Aber nichts ist so schwer wie der erste Schritt.

    Liebe Grüße und gute Besserung an Florian.

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  9. Stefan

    Vielen Dank für die Folge ich bin dadurch jetzt erstmal für 2 Wochen aus den Verkehr gezogen. Bin mir ist es mit der Geburt des 2 ten Kindes zu viel geworden das ich ohne Pause durch gearbeitet habe damit ich zeitig zum Abendessen des großen nach Hause komme. Das gepaart mit dem Stress der durch die Projekt Arbeit immer mal wieder auftritt waren etwas zu viel für mich.

    Vielen Dank für den Anstoß und dem teilen des doch privatem Schicksal!

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  10. Eberhard Bauer

    Lieber Florian,

    auch wenn die akute Gefahr zunächst gebannt scheint, ist es ratsam sich nach ärztlicher Hilfe umzuschauen. Es gibt eine Reihe von flankierenden Maßnahmen, wobei man leider nicht im Vorhinein sagen kann, welche in diesem Fall erfolgversprechend ist.

    Gute Besserung!

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  11. Mario

    Vielen Dank für diese Sendung. Ich find es wirklich sehr gut, dass ihr da beide so offen darüber geredet habt. Ihr seid beides Leute, denen man auf Anhieb gar nicht zutrauen würde, dass sie von einem Burnout betroffen seien könnten. Man denkt ja gerade bei Leuten mit einem starken öffentlichen auftreten, dass sie “unerschütterlich” sind, weil sie ja im Podcast oder auf der Bühne so redegewandt und selbstbewusst wirken. Darum find ich es wichtig und gut, dass ihr diese Fehlwahrnehmung so offen entzaubert.

    Insgesamt finde ich auch Florians Ansatz gut nach Forschung jenseits der Arbeitswelt zu suchen. Meine Erfahrung ist, dass z.B. viele Eltern heutzutage sich in den Burnout treiben lassen. Zum Teil muss man sich für Eltern-Teilzeit immer noch überall rechtfertigen (auch gerade für Väter). Zum Teil ist aber selbst Teilzeitarbeit oft mit Kindern eine irrsinnige Belastung, weil man zusätzlich zur Teilzeit viel mehr Ausfallzeiten hat, sobald beide Elternteile arbeiten. Und leider kann man als Eltern auch oft nicht einfach eine Vollbremsung machen, wenn man bereits einen fortgeschrittenen Burnout hat.

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  12. Elke

    Die Folge ist vielleicht die wichtigste Wissenschaftsfolge bisher, vielen Dank!

    Ein Wunsch für die nächste Folge, könnt ihr bitte den Artikel
    “Scientists Found Ripples in Space and Time. And You Have to Buy Groceries.” aus “The Atlantic” erklären?

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  13. tkrholic

    Hallo,
    beim Thema “Burnout im Privatleben” empfehle ich sich mal Mütter als (Ziel?)-Gruppe anzugucken. Vor Corona war das Risiko schon ordentlich hoch. Danach wurde es nicht besser. Systemische Ursachen (gesellschaftlicher Druck) können hierbei nicht durch individuelle Lösungen (“mach dich mal locker”; “du musst ….” – “yeah, noch mehr Ansprüche #sarkasm”) gelöst werden.
    Grüße,
    tkrholic

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  14. Sara

    Endlich eine Folge, in der ich die Klugscheiß-Facette meiner Persönlichkeit ausleben kann! Gut, dass ihr offen damit seid und wohl die Kurve noch rechtzeitig kriegt/gekriegt habt.

    Ja, Burnout ist klassifiziert in ICD-11 – die elfte Auflage des Standarddiagnosemanuals, die seit 2022 gilt. Wer es als Krankschreibung bekommt, wird “QD85” auf dem gelben Zettel stehen sehen (… oder F43.2, weil Hausärzt*innen standardmäßig immer erst mal Anpassungsstörung reinschreiben). Die 3 Leitsymptome: Erschöpfung, Distanz vom Job/Zynismus, Leistungsabfall. Im DSM, dem anderen Klassifikationsmanual für psychische Störungen (nicht krankenkassenabrechnungswürdig, aber für Psychos trotzdem wichtig), ist es bis heute nicht verzeichnet. Fragwürdig ist aus meiner Sicht, dass es rein berufsbezogen sein soll, weil unsere Be-/Entlastungen ja aus dem ganzen Leben kommen. Aber vielleicht macht das irgendwie abrechnungstechnisch Sinn oder so.

    Dazu, ob und wann man passend abbiegen kann: Verharmlosung ist nix, aber es ist auch kein Wettbewerb, wem es schlechter geht oder ging. Es ist ja immer ein Kontinuum, bei dem eben irgendwann “Jetzt ist es eine Krankheit” durch Arzt*Ärztin definiert wird und man damit Stigmatisierung, Erklärung, Therapiezugang hat. Je früher man das Abbiegen Richtung Gesundheit hinkriege, umso besser.

    Die Datenlage zu verwandten Konzepten scheint echt mau, was aber wenig verwundert, weil die offizielle Diagnose ja so neu ist. Big Five sind immer eine nette Idee. Die Korrelationen mit berufsbezogenen Persönlichkeitsinventaren wären höchst spannend, wo es aber leider sehr viel Wildwuchs und nicht den einen Standardfragebogen gibt. Empirisch belegte Präventionskonzepte wären hilfreich, aber auch da gibt Google Scholar nicht allzu viel her – am Ende wird man wohl bei den üblichen Methoden gegen Depression und für Resilienz und gutem Coping landen. Um nicht nur die Krankheit zu heilen, sondern die Gesundheit zu stärken, lohnt sich ein Blick Richtung positive Psychologie, um eher über eigene Stärken die Passung zum Job gut hinzukriegen.

    Na, genug Teaser für die lange Themenliste der Ewigkeit? 😉

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